Mick Jagger war nicht begeistert. Ein Magazin namens "Rolling Stone"? "Warum hat Jann das so genannt, wenn es doch schon eine Band gab, die so hieß? Er hätte sich doch etwas anderes ausdenken können." Aber Jann Wenner, damals 21 und gerade die Elite-Uni Berkeley geschmissen, ließ sich vom Namen nicht abbringen und brachte am 9. November 1967 die erste Ausgabe des "Rolling Stone" auf den Markt. Auf dem Cover: Ausgerechnet Beatles-Sänger John Lennon. Die verärgerten Rolling Stones wurden erst ein knappes Jahr später zum ersten Mal auf den Titel gehoben.
Da war der "Rolling Stone" in der Musikwelt schon zur Sensation geworden. Gegründet von Wenner und seinem Freund und Mentor Ralph Gleason mit geliehenen 7.500 Dollar in einem Loft in San Francisco wurde das Magazin schnell zur "Gegenkultur-Bibel der Baby Boomers", wie die "New York Times" schrieb. "Der "Rolling Stone" definierte cool, kultivierte Literatur-Ikonen und produzierte Cover, die Stars hervorbrachten."
Die Beatles und die Stones, Grateful Dead, Bruce Springsteen und Bob Dylan sind die Helden des "Rolling Stone". Autoren wie Hunter S. Thompson, der den Ruf des Magazins mit seinem "Gonzo"-Journalismus mitprägte, und Tom Wolfe sowie Fotografen wie Annie Leibovitz machen das Magazin mit langen investigativen Reportagen und außergewöhnlichen Bildern weltberühmt und werden darüber selbst zu Stars.
Aber das alles war einmal. Zum 50. Geburtstag muss der "Rolling Stone" einer tristeren Realität entgegenblicken, denn es läuft nicht mehr rund. Zwar hat das Magazin, das in den USA alle zwei Wochen erscheint, immer noch Kultstatus, aber Werbeeinnahmen sind weggebrochen und die Auflage sinkt. Die verkaufte Gesamtauflage lag 2016 bei rund 1,5 Millionen Exemplaren.
Zudem gab es zuletzt einige Eklats, unter anderem als die Redaktion 2015 einen Artikel über die mutmaßliche Vergewaltigung einer Studentin zurückziehen musste. Ein Gutachten war zu dem Schluss gekommen, dass die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt worden war. Für die Tat gab es keine Beweise. Vielen jüngeren Menschen gilt der "Rolling Stone" außerdem als völlig veraltet - denn Dylan, Springsteen, die Beatles und die Stones sind heute immer noch die großen Helden des Magazins.
Und so gibt es zum Jubiläum anstelle von rauschenden Partys ein Verkaufsangebot. Der inzwischen 71 Jahre alte Gründer Wenner will seinen Mehrheitsanteil an der Zeitschrift aufgeben. "Ich liebe meinen Job, ich genieße ihn, ich habe ihn sehr lange genossen", sagte er der "New York Times". Aber loszulassen sei jetzt "die kluge Entscheidung". "Ich denke es ist Zeit, dass junge Menschen am Ruder sind."
Wenner leitet den "Rolling Stone" inzwischen mit seinem Sohn, dem 27 Jahre alten Gus. "Us Weekly" und "Men's Journal", die beiden anderen Magazine aus ihrem Portfolio, sind schon verkauft, ebenso wie 49 Prozent am "Rolling Stone", die im vergangenen Jahr an eine Musiktechnologiefirma in Singapur gingen. Die Branche haben sich sehr verändert, sagt Gus Wenner. "Es gibt ein Level an Ambition, das wir alleine nicht erreichen können. Also sind wir proaktiv und wollen einen Vorsprung bekommen." Angebote waren zunächst keine öffentlich bekannt geworden.
Der Käufer müsse "viel Geld" haben und den Auftrag des Magazins verstehen, sagt Jann Wenner. "Der "Rolling Stone" hat so eine Rolle in der Geschichte unserer Zeit gespielt, sozial, politisch und kulturell. Wir wollen diese Position behalten."
Ob Gus und Jann Wenner nach einem Verkauf des "Rolling Stone" bei der Zeitschrift bleiben könnten, ist noch völlig unklar. Keine einfachen Zeiten für Gründer Wenner, der sich im Sommer zudem die Hüfte brach, einen Herzinfarkt erlitt und gerade auch noch die Veröffentlichung einer ihm verhassten Autobiografie über sein Leben ertragen muss. Dem Autor von "Sticky Fingers. The Life and Times of Jann Wenner and Rolling Stone Magazine" hatte Wenner zunächst vollen Zugang gewährt, den fast 600 Seiten langen Text dann aber als "zutiefst fehlerhaft und geschmacklos" abgelehnt. Das Buch erschiehn trotzdem. Autor Joe Hagan verteidigte sich. Wenner sei "gewöhnt daran, die Kontrolle zu haben" - "und das ist eine schwierige Sache".
www.rollingstone.com
Christina Horsten/DPA