"Bei mir ist wirklich alles in Balance": Lässt der deutsche Rapper Cro am Beginn seiner neuen Platte diese Worte fallen, wirken sie keinesfalls deplatziert. Der stets mit Pandamaske auftretende Musiker hat in den vergangenen Jahren eine eindrucksvolle Karriere hingelegt, ausverkaufte Konzerte und Charterfolge inklusive. Nun folgt mit "Tru" das nächste Kapitel, und es bietet durchaus Neuerungen.
Für das am Freitag erscheinende Album hat sich Cro neu orientiert, wobei der konsequenterweise "Kapitel 1" betitelte Opener das noch nicht so deutlich macht. Hier ist es die für Carlo Waibel, wie der Rapper eigentlich heißt, typisch verschwurbelte Art des Musikmachens, die ihren Charme entfalten darf. Kleinteilige Beats, leicht vernuschelte Raps und eine gesunde Portion Optimismus - diese Zutaten gelten also auch weiterhin. Für das, was folgt, mischt Cro seinem Erfolgsrezept aber eine ordentliche Portion zeitgemäße Trends bei.
"Ich bin ein bisschen anders rangegangen an die Produktion und habe mir mehr Zeit genommen", unterstreicht er in einem von seiner Plattenfirma verbreiteten Interview. "Next Level einfach. Ich bin die letzten Jahre immer gerannt, so ein bisschen Forrest-Gump-mäßig, wollte immer höher, immer weiter." Ein Umstand, dem nicht nur der Schlusssong "2kx" Rechnung trägt, sondern der sich wie ein roter Faden durch die Stücke zieht: Cro setzt stark auf atmosphärische Spielereien, bedient sich beim hippen R'n'B aus den Staaten und münzt auch Cloud Rap für seine Zwecke um.
Langatmig
Beizeiten ist das alles ein bisschen viel, ziehen sich die Tracks dank aufwendiger Intros und Outros manchmal in die Länge. Andererseits sind es neue Farben, die Cro auf seiner musikalischen Leinwand aufträgt: Beispielsweise wenn "Todas" mit Worldmusic-Vibe daherkommt und am Ende des Stücks niemand geringerer als Wyclef Jean seine Stimme erhebt. Oder das bereits ausgekoppelte "Baum", eine hörspielartige Abrechnung des Musikers mit dem eigenen Leben, die in "Unendlichkeit" ihre leicht abgehobene Fortsetzung findet.
"Ich habe nie wirklich das Rezept verändert, ich habe schon damals über mich geschrieben", setzt Cro zu einem Vergleich von neuen und alten Songs an. "Da waren die Alltagssorgen einfach anders." Eine gewisse Nachdenklichkeit hat im Sound zwar Einzug gehalten, vor zu melancholischen Ausführungen müssen sich Fans aber nicht fürchten. Es ist immer noch oft und gerne die Liebe, um die sich Cros Texte drehen. Nur passiert das nun eben eine Spur verspielter - und leider auch beliebiger in gewisser Art und Weise.
Wo seine ersten Schritte im Popbusiness besonders mit Unbekümmertheit und Leichtigkeit punkteten, merkt man dem Vorhaben "Tru" seine Durchdachtheit an. Ähnlich wie internationale Kollegen vom Kaliber eines Drake gibt sich Cro offenbar nicht mit einer normalen Platte zufrieden, sondern hat ein üppiges Projekt vorgelegt, in verschiedenen Edition und Längen erhältlich, dem letztlich der Wiedererkennungswert abhandenkommt. Gezwungen ist eine Beschreibung, die schon bald im Kopf des Hörers herumtanzt. Gleichzeitig kauft man Cro es durchaus ab, wenn er sagt: "Ich bin in jeder Ader kreativ, weil ich nichts Standard machen will. Ich muss immer irgendwie rausfallen." Das gelingt ihm auch mit "Tru".