Die Richtung bei den Toten Hosen scheint fünf Jahre nach dem Mega-Hit "Tage wie diese" klar definiert: geradeaus - und das mit aller Kraft. Anlässlich der Veröffentlichung ihres Albums "Laune der Natur" spielte die Band am Freitag in Köln ein heftiges und ausgelassenes Club-Konzert. "Wir wollen zurück auf den Bolzplatz", heißt es im neuen Song "Urknall". Diesen Wunsch hat man sich selbst erfüllt.

Die Karten für die Live-Präsentation des 16. Studio-Albums der Düsseldorfer waren heiß begehrt, passen doch nur 900 Personen in das Gloria Theater, vor dem sich bereits am Nachmittag zahlreiche Fans eingefunden hatten. Das Warten lohnte sich: Die Toten Hosen bretterten ohne Verschnaufpausen durch ihre Karriere, begeisterten aber auch mit neuen Liedern, die lautstark vom Publikum mitgesungen wurden, obwohl sie erst wenige Stunden im Handel waren.

Auf dem Bolzplatz wird nicht Champions League gespielt, da geht es um etwas ganz anderes, sagte Sänger Campino unlängst im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur. Mit dem offiziellen Konzert-Comeback seiner Gruppe (nach einer mehr oder weniger exklusiven Wohnzimmer-Tour) verdeutlichte er diesen Gedanken: Auch wenn die Toten Hosen längst zu einem der erfolgreichsten deutschen Acts aufgestiegen sind, so rufen sie bei den Shows wieder und immer noch die rohe Energie der Hinterhof-Bühnen auf. Mit "Urknall" wurde losgebrettert, "Modestadt Düsseldorf" folgte - direkt, rau, rausgebrüllt. Spätestens beim dritten Song, "Auswärtsspiel", kochte der Saal.

Als sich bei "Du lebst nur einmal (vorher)" Band und Fans ins kollektive Hüpfen begaben und so ziemlich jeder Bierbecher samt Inhalt durch die Luft segelte, war jedes Tempolimit aufgehoben. Die Gruppe, die zuletzt mit einigen Pop-Hymnen die Charts erobert hat, verzichtete auf schwermütige Balladen, ein ultraschnelles "Liebeslied", ein rausgebolztes "Bonnie & Clyde", das aggressive "Pushed Again" und die Gassenhauer "Wünsch dir was" sowie "Hier kommt Alex" gaben den Ton vor. Gut geölt lief die Maschinerie Gitarren-Drums-Bass neben einem Campino, der auch mit Mitte 50 den Sprung in die Menge nicht missen wollte.

Für die anstehende Tournee, die in größere Locations wie am 5. Juni auf die Wiener Donauinsel führt, brachte der launige Abend mit zwei langen Zugabenblöcken (inklusive einem anarchistischen, nicht enden wollenden "Azzuro") eine Erkenntnis: Die Lieder von "Laune der Natur" fügten sich perfekt ein: das Titelstück zum Mitgrölen etwa, der Reggae-Spaß-Song "Wannsee" oder der Muntermacher "Energie". Während viele etablierte Acts gerade einmal ein bis zwei neue Nummern in Altbewährtes einbauen, präsentierten die Hosen in Köln gleich sieben frische Beiträge.

Mit der aktuellen Single "Unter den Wolken" - eine Weiterführung von "Über den Wolken" und "vor allem eine Respektbekundung vor Reinhard Mey", wie Campino betonte - stand dann eine neue Pop-Hymne am Programm. Die ganz große von vor fünf Jahren fehlte. Dass sie auf ihren Über-Hit verzichten können, ohne das es irgendjemanden stört, zeigt von der Qualität dieser Band. "You Never Walk Alone", beim Konzert dem verstorbenen Ur-Drummer Wölli gewidmet, wurde von den Fans noch lange im Saal und später auf den Straßen Kölns weitergesungen. Und was den Bolzplatz betrifft: Dort spielen Freunde, keine Stars - das trifft auch auf die Konzerte der Toten Hosen zu.