Laibach waren immer mehr als Provokation, aber sie waren natürlich auch Provokation, der schon beim Bandnamen begann. Die Anfang der 80-er formierte Band verwendete den im kommunistischen Jugoslawien unerwünschten deutschen Namen von Ljubljana. Da war man noch eine Industrialband und Teil der renitenten Bewegung der Neuen Slowenischen Kunst, und bereits mit einem beispiellosen Konzept ausgestattet. Man zeigte, wie die Formensprache der Moderne mit jeder des Totalitarismus zusammenhängen. Eine Ikone der abstrakten Malerei, Kasimir Malewitschs „Schwarzes Kreuz“ von 1915, wurde zum Bandlogo, gebraucht wie das Abzeichen einer Partei bzw. einer Bewegung. Man muss nur an die enge Beziehung zwischen dem Futurismus und dem frühen italienischen Faschismus denken, die Fortschrittsglauben, Antibürgerlichkeit und Ablehnung des Christentums gemeinsam hatten, um solche Analogien zwischen Ästhetik und Politik für nicht zufällig zu halten.
Auch wegen ihres martialischen Auftretens und der Kostümierung galt die Band schnell als rechts bis faschistoid, dabei war dies bloß demonstrativer Hinweis auf jenen Zusammenhang zwischen Faschismus und Moderne. Genauso wie der Nationalsozialismus eine völkisch-rassistische Version der amerikanischen Massenkultur war, also ebenso Produkt der Moderne. Bei einer Aktion in den späteren Jahren schlenderten die Bandmitglieder in SS-Uniform durch ein slowenisches Shopping-Center. Da waren sie schon längst berühmt, hatten einer Band namens Rammstein die Blaupause geliefert (Laibach sagen: „Rammstein ist Laibach für Kinder“) und beschäftigten sich mit Klassik, etwa mit Bach. Legendär noch ihre Engführung von nordkoreanischen Propaganda-Kitsch mit dem Kitsch von „Sound of Music“, live erprobt auch bei Konzerten in Pjöngjang 2015. Die in ihrer Heimat einst verbotene Band (die zahlreiche Umbesetzungen hinter sich hat) zählt mittlerweile zum Kreis slowenischer „Staatskünstler“, und ist immer wieder bei repräsentativen Projekten vertreten. Ein Treppenwitz der Geschichte.
Bei ihrer aktuellen Tour spielen Laibach neben noch älterem Material die Stücke des nun wiederveröffentlichten Albums „Opus Dei“. Mit dem beim englischen Kultlabel Mute erschienene Meisterwerk gelang 1987 der internationale Durchbruch. Hier integrierten Laibach Popmusik in ihr bewährtes Konzept. Mit den Versionen von „Live is Life“ von Opus und „One Vision“ von Queen offenbarten die Band Unangenehmes: Den klandestinen Zusammenhang zwischen Totalitarismus und Pop, zwischen Massenbewegung und Massenbegeisterung. Aber ihre martialischen Fassungen dieser Songs sind viel mehr als Ironie oder Demaskierung durch Überaffirmation: Es sind zwar Dekonstruktionen, aber zugleich Denkmäler. Hier wird zugleich die Schönheit von Pop hymnisch gefeiert und dessen Gefährlichkeit heraufbeschworen. Denn, so schwierig das einzugestehen ist, Laibach zeigen nichts anderes als die Schönheit des Totalitarismus, beziehungsweise die totalitären Züge der Massenkultur. Ihr Werk ist sozusagen eine Offenbarung. Oder wie es die Band selbst auf den Punkt gebracht hat: „Jede Kunst ist politischer Manipulation unterworfen, außer jener, die die Sprache eben dieser Manipulation spricht.“
Karten, Infos: https://spielstaetten.buehnen-graz.com