Anthony Hopkins, Lady Gaga, John Travolta: Das sind einige der großen Stars, die bei der Oscar-Gala am kommenden Sonntag (27. März) auf der Bühne stehen. Seit Wochen rührt die Oscar-Akademie die Werbetrommel für die 94. Academy Awards. Sie kündigt "Star-Presenter" an, die bei der Show Trophäen verteilen sollen. Die Gala steigt im traditionellen Dolby Theatre mit über 3000 Plätzen. Die Komikerinnen Amy Schumer, Wanda Sykes und Regina Hall heizen als Gastgeberinnen ein.
Große Bühne für die Oscars, ein Jahr nach der abgespeckten 93. Preisgala, die wegen der Corona-Pandemie deutlich kleiner ausgefallen war. Schauplatz war damals ein historisches Bahnhofsgebäude in Los Angeles mit knapp 200 Gästen und wenig Glanz, die Einschaltquoten rutschten in den Keller.
Zurück zum sorglosen Oscar-Glamour? Nicht ganz. Auch in diesem Jahr gelten strikte Corona-Auflagen, Nominierte und Gäste müssen Impfschutz und negative Tests vorweisen. Mehr noch, der Krieg in der Ukraine überschattet die Show. Sie habe keine Angst, das Rampenlicht für eine ernste Botschaft zu nutzen, sagte Oscar-Moderatorin Schumer im Gespräch mit Talkshow-Host Drew Barrymore. Den Produzenten habe sie vorgeschlagen, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj per Videoauftritt sprechen zu lassen. Die Entscheidung liege aber nicht bei ihr. Also abwarten, wie politisch die Oscars diesmal werden.
Doch Unterhaltung steht ohne Zweifel im Mittelpunkt. Stars werden sich auf dem roten Teppich im Rampenlicht sonnen. Als beste Hauptdarstellerinnen sind unter anderem Kristen Stewart ("Spencer"), Jessica Chastain ("Eyes of Tammy Faye") und Nicole Kidman ("Being the Ricardos") nominiert. In der Männerrunde mischen Will Smith ("King Richard"), Benedict Cumberbatch ("The Power of the Dog") und Javier Bardem ("Being the Ricardos") mit.
Zuschauer könnten die "größte Eröffnungsshow" in der Geschichte der Oscars erwarten, prahlen die Veranstalter publikumswirksam in einem Video. Es sollen auch 60 Jahre "James Bond" und 50 Jahre "Der Pate" gefeiert werden. Das sind Filmklassiker, die jeder kennt – im Gegensatz zu vielen Preisanwärtern, die während der Pandemie um Kinogänger und Aufmerksamkeit kämpfen mussten.
Das bildstarke Western-Drama "The Power of the Dog" führt mit zwölf Nominierungen das Oscar-Feld an. Die Neuseeländerin Jane Campion inszeniert eine queere Story über zwei ungleiche Brüder, die in den 1920er Jahren gemeinsam eine Ranch in Montana betreiben. Benedict Cumberbatch, Jesse Plemons, Kodi Smit-McPhee und Kirsten Dunst sind nominiert. Campion hat gleich drei Gewinnchancen, als Regisseurin, Produzentin und für das adaptierte Drehbuch.
Dass Frauen eine Regie-Trophäe gewinnen, hat Seltenheitswert. Erstmals war das Kathryn Bigelow 2010 mit dem Kriegsdrama "Tödliches Kommando – The Hurt Locker" gelungen. Im vorigen Jahr machte es ihr die chinesische Regisseurin Chloé Zhao mit "Nomadland" nach, nun gilt Campion als Favoritin, Jahrzehnte nach ihrer Niederlage im Rennen um den Regie-Oscar mit dem Drama "Das Piano" (1994).
Sollte der Netflix-Film "The Power of the Dog" den Spitzenpreis holen, so wäre das der erste Oscar-Sieg für einen Streamingdienst in der Sparte "Bester Film". Schärfster Streaming-Konkurrent (Apple TV+) ist der von Kritikern und Zuschauern gefeierte Film "Coda" über ein 17-jähriges Mädchen, das in einer gehörlosen Familie aufwächst. Die Tragikomödie hat dem gehörlosen US-Schauspieler Troy Kotsur in der Vaterrolle schon mehrere Preise eingebracht. Die Branche sieht Chancen für einen Überraschungssieg als "Bester Film".
Insgesamt zehn Kandidaten wetteifern um den Top-Oscar, darunter der japanische Film "Drive my Car" und die Studiofilme "West Side Story", "Belfast", "King Richard" und "Dune". Das Science-Fiction-Drama "Dune" des kanadischen Regisseurs Denis Villeneuve ist nach "The Power of the Dog" der meistnominierte Film mit zehn Gewinnchancen, vor allem in technischen Sparten wie Kamera, Schnitt und Sound.
Der Blockbuster könnte auch zwei deutschen Filmschaffenden ihren jeweils zweiten Oscar einbringen. Der Spezialeffekte-Künstler Gerd Nefzer und Star-Komponist Hans Zimmer sollten Dankesreden parat haben. Beide gewannen Mitte März schon bei den Baftas in London die Trophäen für die beste Filmmusik und die visuellen Effekte in dem bildgewaltigen "Dune". Der gebürtige Schwabe Nefzer holte gemeinsam mit Hollywood-Kollegen im Jahr 2018 für "Blade Runner 2049" seinen ersten "Visual Effects"-Oscar. Für Zimmer ist es nun die zwölfte Oscar-Nominierung in seiner langen Hollywood-Karriere. Ausgezeichnet wurde der gebürtige Frankfurter 1995 für den Zeichentrickfilm "Der König der Löwen".
Zimmer ist derzeit auf Europa-Tournee, am Oscar-Wochenende stehen für ihn Konzerte in Amsterdam auf dem Programm. Vor der Presse in Berlin monierte er Anfang März Pläne der Filmakademie, die Oscars in acht der insgesamt 23 Sparten, darunter Filmmusik, Schnitt, Kurzfilme und Ton, vor Beginn der Livegala auszuhändigen. Ein gestraffter Mitschnitt mit den Dankesreden der Gewinner soll dann während der Show gezeigt werden. "Irgendwie hat die Akademie vergessen, dass wir alle zusammen Kollegen sind, die alle denselben Wert haben", klagte Zimmer.
Viele Künstler, darunter die Oscar-Preisträger Steven Spielberg und Guillermo del Toro, übten scharfe Kritik. Doch die Academy hält offenbar an dem strafferen Format fest. Das Ziel: mehr Platz für Unterhaltung, Musikauftritte und Filmwürdigungen in der Drei-Stunden-Gala.