Das größte Geschenk kommt von seiner Heimatstadt New York: Gleich eine ganze Stadtteil-Bibliothek wird künftig Harry Belafontes Namen tragen, natürlich in Harlem, da wo er am Mittwoch vor genau 90 Jahren geboren wurde. "Harlem hat einen ganz speziellen Platz in meinem Herzen und ich fühle mich geehrt, dass ich jetzt einen speziellen Platz in Harlem haben werde", kommentierte Belafonte.

Grammy, Oscar und viele andere Preise hat Belafonte schon, aber die Bibliothek in Harlem ist eine ganz besondere Ehre. Obwohl er in dem New Yorker Stadtviertel geboren wurde, verbrachte er einen großen Teil seiner Jugend in Jamaika, der Heimat seiner Mutter. Als er nach der Militärzeit zufällig in die Welt des Theaters geriet, sprang ein Funke über: Belafonte lernte an der berühmten Schauspielschule von Erwin Piscator zusammen mit dem jungen Tony Curtis und Marlon Brando die Werke von Shakespeare, Brecht und Tschechow kennen. Er wäre gerne der "erste schwarze Hamlet" geworden, sagte er einmal. Stattdessen lockte Hollywood, wo er in Filmen wie "Bright Road" (1953) und Otto Premingers "Carmen Jones" (1954) überzeugte.

So startete Belafonte seine Karriere zwar als Schauspieler und Jazzsänger, der Durchbruch gelang ihm aber mit karibischer Folkmusik. Nachdem er in New Yorker Clubs neben Miles Davis oder Charlie Parker auf der Bühne stand, geriet das Album "Calypso" 1956 schließlich zum weltweiten Hit und verkaufte als erste Platte der Musikgeschichte in einem Jahr mehr als eine Million Stück. Es waren zwei lang gezogene Silben, die dabei von besonderer Bedeutung waren: "Daaaay-Ooo" sang er zum Auftakt des Calypso-Hits "Banana Boat Song", längst ein Ohrwurm-Klassiker. Insgesamt verkaufte der Sänger mehr als 100 Millionen Platten.

Bereits zwei Jahre vor der Veröffentlichung seines Erfolgsalbums reüssierte Belafonte aber auch auf der großen Leinwand: Als Joe ist er in der Opernadaption nach Bizet, "Carmen Jones", unter der Regie des Wieners Otto Preminger zu sehen. Ende der 50er Jahre sah er sich in "The World, The Flesh And The Devil" (Regie: Ranald MacDougall) mit einer post-apokalyptischen Welt konfrontiert und in der düsteren Gangsterballade "Odds Against Tomorrow" gibt er einen Nachtclubsänger mit verhängnisvollen Spielschulden.

Von jungen Jahren an widmete sich der Sänger und Schauspieler politischen Themen und sprach auch in seinen Songs immer wieder Ungerechtigkeiten an. Sein soziales Engagement manifestierte sich etwa 1985 in der Veröffentlichung des Songs "We are the World", für den er zahlreiche Popstars gewinnen konnte. Das von Michael Jackson und Lionel Richie verfasste Lied lukrierte letztlich mehr als 70 Millionen Dollar. Bereits zuvor war Belafonte maßgeblicher Teil der Bürgerrechtsbewegung in den USA an der Seite von Martin Luther King Jr. oder kämpfte mit Nelson Mandela gegen die Apartheid in Südafrika.

In den vergangenen Jahren galt ein Großteil der Aufmerksamkeit des UNICEF-Botschafters dem ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush, den er mit scharfen Worten kritisierte, wie er auch am Rest der Administration kaum ein gutes Haar ließ. "Ich spreche für keine Partei, von keiner Eroberung eines Weltreiches - ich spreche von bestimmten Dingen, die von Herzen kommen, von allumfassender Menschlichkeit", so Belafonte gegenüber der APA. Aber auch mit Präsidenten wie Barack Obama oder aktuell Donald Trump ging er scharf ins Gericht sowie seinen Musikkollegen, denen er vorwarf, sich nicht mehr um ihre "gesellschaftlichen Pflichten" zu kümmern.

Untreue und Spielsucht

In seiner 2012 erschienenen Autobiografie "My Song" sprach Belafonte auch von seinen dunklen Seiten, von seiner Spielsucht und Untreue beispielsweise. Zwei Ehen zerbrachen, in dritter Ehe ist der Vater von vier Kindern seit 2008 mit der Fotografin Pamela Frank verheiratet. Nun sei er an einem Punkt in seinem Leben angelangt, an dem er auf alles noch einmal zurückblicke, sagte Belafonte jüngst der "New York Times". "Als ich 20 oder 30 war dachte ich, alles auf der Welt ist möglich. Jetzt wache ich mit 90 auf, schaue mich um und sage: 'Was brauchen wir jetzt?' Wir brauchen jetzt die selben Dinge wir zuvor. Die Bewegung stirbt nicht, weil der Kampf nicht stirbt."