Mit dem "Liebeslied" feierten sie ihren Durchbruch, "Blast Action Heroes" schaffte es als erstes deutsches Rap-Album an die Chartspitze: Das Hamburger Hip-Hop-Trio Beginner hat eigentlich alles erreicht. Nachdem Eizi Eiz, der bürgerlich Jan Philipp Eißfeldt heißt, als Jan Delay auch solo reüssieren konnte, wird jetzt wieder mit Denyo (Dennis Lisk) und DJ Mad (Guido Weiß) gemeinsame Sache gemacht.

"Advanced Chemistry" lautet der Titel jener Platte, mit der sich die Gruppe eindrucksvoll zurückmeldet. Mit leichtfüßigen und eingängigen Beats, ziemlich unterhaltsamen Reimen sowie der für sie so typischen Portion Humor knüpfen die zwölf neuen Stücke nahtlos an alte Hits an. Mit der APA sprachen die Beginner über gestiegene Ansprüche, die Verbindung von alt und neu sowie ihren "kreativen Muskel".

13 Jahre sind eine lange Zeit seit dem letzten Album. Was hat den Ausschlag gegeben, wieder ins Studio zu gehen?

Eizi Eiz: Nach den Soloplatten war klar, dass wir wieder zusammenkommen. Dennis hat mich Ende 2010 angerufen und gefragt: Yo, was geht? Ich habe mich die ganze Zeit gefreut, wieder zu rappen und Beats zu machen, ohne diesen ganzen Zirkus. Es ist aber auch viel passiert im Rap - viele Sachen, die uns Spaß gemacht haben. Klarerweise sind dadurch die Ansprüche noch oben gegangen. Also trainierten wir, übten und wurden besser. Das ist ja wie ein Muskel, den du trainieren musst. Und irgendwann ist der Knoten geplatzt, da haben wir gemerkt: Jetzt ist es so weit.

Nicht zuletzt durch Gäste auf der Platte wie Haftbefehl oder Megaloh wird die Anfangszeit der Beginner mit der Jetztzeit des deutschen Hip-Hop verbunden...

Denyo: Klar, weil wir im Hier und Jetzt leben und Fans sind von neuen Sounds, aber auch Fans von altem Hip-Hop. Ohne die ganzen neuen Entwürfe in Deutschland wie international hätte ich Jan auch nicht angerufen. Wenn alles so trist gewesen wäre, hätte man selber keine Inspiration gehabt.

Mit dem Vorgänger "Blast Action Heroes" gab es 2003 die erste deutsche Rap-Nummer-Eins in den Charts. Mittlerweile sind da etliche Künstler nachgefolgt. Wie hat sich die Szene entwickelt?

Eizi Eiz: Es ist das Paradies, von dem wir früher immer geträumt haben. Es gibt in der Musik eh keine Genregrenzen, und in den Genres gibt es noch weniger Grenzen. Was wir uns damals anhören mussten: Das ist doch kein Hip-Hop, das ist zu sehr dies, das ist zu sehr das... Das gibt es nicht mehr, denn alles ist Hip-Hop! Egal ob Cro, Casper oder 187 Strassenbande: Die haben alle eine riesige Fanbase und alle können voneinander lernen und sich gegenseitig feiern.

Was sich im Rap nicht geändert hat, ist die lokale Verwurzelung. Wieso ist die Herkunft so wichtig?

Eizi Eiz: So ist das entstanden. Jeder weiß, dass Hip-Hop aus der Bronx kommt. Das wurde immer betont und genau darum geht es: Du springst aus deinem Umfeld, das in der Regel eine graue, anonyme Masse ist, zeigst deinen Style und wo du herkommst. Deshalb ist das in der DNA. Selbst wenn sich die Leute heute Masken aufsetzen, weiß man trotzdem, wo sie herkommen. (lacht)

Der Albumtitel "Advanced Chemistry" bezieht sich auf gleichnamige Rapcrew aus Deutschland. Wie kam es zu dieser Idee?

Denyo: Wir hatten als Band schon immer Probleme mit Albumtiteln und haben dafür immer lange gebraucht. (lacht) Wir wollten uns auch auf die Vergangenheit beziehen. Mit unserem Grafiker kam dann irgendwie diese Idee zustande. Ohne Torch und Advanced Chemistry wären wir nicht hier. Oft gibt es ja Künstler, die zu ihrer Zeit alles revolutionieren, aber 20 Jahre später weiß kein Schwanz mehr, wer das gewesen ist. Also versuchen wir daran zu erinnern und das wertzuschätzen.

DJ Mad: Da geht es auch um einen Kulturgedanken. So können wir einer jungen Generation erklären, warum wir das damals alles so flashig fanden. Das war nicht nur eine Mucke, sondern mehr. Und Leute wie Torch wurden nicht müde zu schauen, dass bei den Jams auch Sprayer oder Breakdancer nicht zu kurz kamen. Das macht Hip-Hop auch so besonders. Also versuchen wir diesen Bogen zu spannen.

Die Beginner gibt es nun seit 25 Jahren. Kann man sich da noch gegenseitig überraschen?

Denyo: Es gibt natürlich eine Routine. Ohne die könntest du auch keinen kreativen Muskel aufbauen und auf ein gewisses Level kommen. Aber dann musst du diese Routine jeden Tag hinterfragen. Wenn du das Gefühl hast, für dich eine Formel gefunden zu haben, bist du schon auf dem absteigenden Ast. Es kann immer die Gefahr geben, sich in einer Komfortzone zu befinden. Dann brauche ich jemanden wie Jan, der mir Feedback gibt. Wenn ich es dann schaffe, mich selber und meine Bandkollegen zu überraschen, weiß ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir sind gnadenlos für die Idee.

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)