Mit der Frage "Ausnahmezustand bis Ostern?" ging die ORF-Sendung "Im Zentrum" am Sonntag der Lockdown-Verlängerung an den Start. Eine Antwort lieferte Genetiker Andreas Bergthaler: Es spreche viel dafür, dass die Corona-Zahlen ab Ostern wieder sinken. Doch im Herbst brauche es wohl erneut Anstrengung, eine Situation wie 2020 zu verhindern. Mit dem Unterschied der durch Impfung vor Covid-19 geschützten vulnerablen Gruppen. Ein Fragezeichen bleiben jedoch die Mutationen.
"Bis Dezember haben wir von dem 'Virus' gesprochen", merkte Bergthaler dazu an, dementsprechend seien nun einige Maßnahmen anders - ebenso könnten Maßnahmen in diesem Frühjahr vielleicht nicht mehr so wirken wie im Frühjahr 2020. FFP2-Masken in Handel und Öffis gehören gemeinsam mit der auf zwei Meter ausgedehnten Abstandsregel ab 25. Jänner zu den neuen Maßnahmen angesichts der Bedrohung durch die Mutationen, von denen es noch weitere geben werde.
Wie wirkt sich Mutation auf Wirksamkeit der Vakzine aus?
In der Expertenrunde mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) als einzigen Vertreter der Politik ging es nicht nur um die Zukunft, eher kreiste man in der Analyse des bisherigen österreichischen Wegs bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie und den gegenwärtigen neuen Herausforderungen durch das Auftauchen der Virusvariante B.1.1.7. samt ihren 17 Mutationen - und die Auswirkung auf die Wirksamkeit der Vakzine.
Zumindest werde die englische Variante die Wirksamkeit nicht hemmen, sagte Vakzinologin Ursula Wiedermann-Schmidt von der MedUni Wien unter Berufung auf Angaben des deutschen Robert Koch-Instituts (RKI). Was die beiden anderen Mutationen betrifft, gelte es noch abzuwarten - so der Wissenstand bezüglich der südafrikanischen und brasilianisch-japanischen Variante des vor rund einem Jahr aufgetauchten Rhinovirus.
Arbeitspendler verstärkt testen
Der Gesundheitsminister kündigte indes als Reaktion auf die neuen Varianten des Coronavirus an, Landeverbote auszudehnen und Arbeitspendler verstärkt zu testen. Zudem plane er in Österreich 2021 die wissenschaftlichen Kräfte in einer Institution zusammenzufassen, ein wenig nach dem Vorbild des genannten RKI.
Außerdem vermeldete Anschober, dass seit der den ersten Impfungen von Menschen in Österreich am 27. Dezember 2020 nun bereits 100.000 die erste Teilimpfung erhalten haben. Ausständig waren hingegen noch 900.000 der 1,7 Millionen FFP2-Masken, die laut Regierungsbeschluss Ende 2020 an Personen im Alter von über 65 Jahren gehen sollten. "Bis allerspätestens Ende des Monats", soll laut Anschober die eigentlich für die dritte Jännerwoche angekündigte Auslieferung abgeschlossen sein.
Testen und Tracen weiterhin essentiell
Was nach der Lockdown-Verlängerung bis mindestens 7. Februar nicht abgeschlossen sein dürfe, sei der effektive Einsatz der Kombination aus Testen und Tracen (Nachverfolgung der Kontakte im Falle einer Infektion, Anmerkung), sagte Simulationsexperte Niki Popper (TU Wien). Denn zwar könne er das anvisierte Ziel, das Erreichen der Sieben-Tages-Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern bis 7. Februar mangels Wissen über die Eigenschaften der Mutation noch nicht errechnen: Aber man wisse, dass man die Neuansteckungen genau mit diesen Methoden niedrig halten könne - und diesen Zusammenhang müsse man den Menschen mitteilen. Ebenso müsse der Bevölkerung die Angst genommen werden, dass ihr Arbeitsplatz in Gefahr sei im Falle einer Quarantäne. "Testen und Isolieren würden bei einem stärkeren Virus ebenso stärkere Wirkung zeigen", nimmt Popper an.
Lockdown unbedingt notwendig
Einigkeit herrschte über die Notwendigkeit des Lockdowns und seiner Verlängerung. Eva Schernhammer, Leiterin der Abteilung für Epidemiologie der MedUni Wien, sprach von mehr als angebrachten Maßnahmen ohne Alternative. Abstandhalten und Masken seien "Stellvertreter-Maßnahmen" bis zur Impfung. In die Zukunft blickte indes Medizinethiker Ulrich Körtner und erinnerte daran, dass da noch andere Viren warten - jetzt brauche die Bevölkerung aber kohärente Ziele für das jetzige Geschehen. Körtners Kritik an der Kommunikation vonseiten der Regierung wurde vom Gesundheitsminister zum Teil angenommen: zu viel "Kanon" statt Einstimmigkeit habe es da zuletzt gegeben.