Der 92-jährige US-Medienmogul Rupert Murdoch gibt die Führung seines Medienimperiums ab. Er werde ab Mitte November einen Status als "emeritierter Vorstand" haben und die Geschäfte an seinen Sohn Lachlan abgeben, teilten die beiden Konzerne Fox Corporation und News Corporation am Donnerstag mit. Zur Fox Corporation gehört unter anderem der rechtsgerichtete Nachrichtensender Fox News, zur News Corporation gehören etwa das "Wall Street Journal" und die "New York Post".
Erfolg mit Meinungsmache
Wie wurde der Medienmogul so mächtig, dass sogar andere konservative Strippenzieher seinen Einfluss dermaßen fürchten? Mit 22 übernahm Murdoch in seinem Heimatland Australien seine erste Zeitung, es wurde die Basis für ein Medien-Imperium, das noch immer fast den ganzen englischsprachigen Teil der Welt umspannt. Mit Revolverblättern wie "The Sun" setzte er kompromisslos auf Sensationsjournalismus, mit Sendern wie Fox News auf politische Meinungsmache, die vor allem durch die verschärften Ansichten einiger Talkshow-Hosts immer wieder an die Grenzen von Manipulation und Propaganda gerät.
Dass sich Murdoch mit seinen Unternehmen überhaupt so lange an der Spitze des internationalen Mediengeschäfts halten konnte, ist durchaus beachtlich. Denn zwischenzeitlich hatte er sich durch einen Abhörskandal seiner britischen Boulevardzeitung "News of the World" gründlich ins Abseits befördert. Jahrelang hatten Murdochs Journalisten die Handys von Verbrechensopfern und Prominenten bespitzelt und Polizisten bestochen. Murdoch musste 2011 auf dem Höhepunkt der Affäre vor einem britischen Parlamentsausschuss aussagen, was er selbst als "demütigendsten Tag" seines Lebens bezeichnete.
Deal mit Thatcher
In Großbritannien, wo Murdoch bereits 1968 seine erste Zeitung kaufte, galt er schon lange vor dem Skandal als dubiose graue Eminenz der Medienlandschaft. Als er in den 1980er Jahren das Traditionsblatt "Times" übernahm, soll ein Deal mit der damaligen Premierministerin Margret Thatcher ihm kartellrechtlich den Weg freigemacht haben. Sein enger Draht zu Thatcher half Murdoch nach der Übernahme angeblich auch, sich in einem erbitterten Konflikt mit den Gewerkschaften um die Entlassung Tausender Mitarbeiter durchzusetzen. In der vornehmen Londoner Elite war Murdoch jedoch von Anfang an ein Fremdkörper, weshalb es ihn schon relativ früh nach New York verschlug.
Bereits in den 1970er Jahren erweiterte Murdoch sein Medienimperium auf die USA. Jahrelang verfolgte er von dort aus den Traum, sein Lebenswerk durch die Schaffung des weltweit größten Unterhaltungskonzerns zu krönen. Doch dieser Plan scheiterte 2014 mit der geplatzten Übernahme des US-Kontrahenten Time Warner, die unter anderem die legendären Hollywood-Studios Warner Bros und 20th Century Fox vereint hätte. Management und Aktionäre sprachen sich letztlich gegen den Mega-Deal aus. Stattdessen musste Murdoch sein Imperium unter steigendem Wettbewerbsdruck selbst immer weiter zerlegen.
Vor allem die boomende Streaming-Konkurrenz, die klassischen Kabelanbietern immer mehr Kunden abjagt, machte Murdoch zusehends zu schaffen. 2019 verkaufte er große Teile seines Medienkonzerns 21st Century Fox an den Erzrivalen Walt Disney. Eine Entscheidung, die ihm nicht leicht gefallen sein dürfte, denn eigentlich hatte er ja ganz andere Ambitionen gehabt. Was ihm nach dem Verkauf von 21st Century Fox blieb, ist die stramm rechte Sendergruppe Fox News. Deren Talkshows dienten Trump während seiner Präsidentschaft als Taktgeber. Wer Einfluss auf ihn nehmen wollte, musste seine Botschaften dort platzieren. Zum Ende der Amtszeit kam es jedoch zum Zerwürfnis, weil Fox sich abwendete und die Lüge von Trumps vermeintlichem Wahlsieg nicht mittrug.
Als Murdoch sich für MySpace statt für Facebook entschied
Murdochs Verhältnis zu Trump gilt als eng, aber zweckrational. Für einen geeigneten US-Präsidenten hielt er ihn zunächst nicht. Doch wenn sich Trump nicht verhindern lasse, wäre es verrückt, wenn sich die Partei nicht hinter ihn stelle, lautete Murdochs pragmatische Lageeinschätzung 2016. Für Fox News war Trumps Regierungsführung im Stil einer Reality-Show ein lukrativer Quotengarant. Und bei allem Hang zur politischen Einflussnahme - das Geschäft ist Murdoch genauso wichtig. Immer wieder machte er mit großen Deals Schlagzeilen, leistete sich dabei aber auch grandiose Flops. 2005 etwa hätte er mit Facebook kooperieren können, stattdessen kaufte er für 580 Millionen Dollar den Rivalen MySpace, der rasch wieder in der Versenkung verschwand. Die Summe musste fast komplett abgeschrieben werden.
Auch in Murdochs Privatleben geht es häufig drunter und drüber. Kurz vor seinem 85. Geburtstag heiratete der Medienzar in London die 25 Jahre jüngere Jerry Hall, einst Top-Model und Ex-Frau von "Rolling Stone" Mick Jagger. Das Paar hatte sich erst ein paar Monate vorher kennengelernt. Als Familienmensch ist Murdoch ähnlich umtriebig wie als Geschäftsmann - er hat insgesamt sechs Kinder mit drei Frauen. Halls Vorgängerin Wendy Deng warf sich einst spektakulär in die Bresche, als ihr Mann von einem Aktivisten mit einer Torte aus Rasierschaum beworfen wurde. Für Aufregung sorgen auch die Reibereien zwischen Murdochs Söhnen James und Lachlan um die Thronfolge.
Mitte 2015 gab Murdoch bekannt, die Führung von 21st Century Fox an die nächste Generation weiterzureichen. Der jüngere Sohn James wurde zum Vorstandschef ernannt, Bruder Lachlan durfte mit seinem Vater den Verwaltungsrat führen. De facto hatte aber weiter nur der Altmeister das Sagen, wie sich spätestens beim Verkauf an Disney zeigte. Der dauernde Familienzwist liefert Stoff für Hollywood-Produktionen. So ist James eher liberal eingestellt und lehnt zum Beispiel die klimaschutzkritische Linie der Murdoch-Blätter ab, während Lachlan wie sein Vater als erzkonservativ gilt. Es gibt sogar eine TV-Serie namens "Succession", die den Clan auf die Schaufel nehmen soll.