Der European Publishers Council (EPC) zeigt sich in einem offenen Brief "sehr besorgt" über die ORF-Gesetzesnovelle, die heute Mittwoch im Nationalrat beschlossen wird. In dem Schreiben wird Margrethe Vestager, Vizepräsidentin der EU-Kommission, aufgefordert, zu prüfen, ob die Novelle im Einklang mit EU-Beihilfeverpflichtungen steht. Die Befürchtung lautet, dass es aufgrund der neuen ORF-Finanzierung und größeren Möglichkeiten im digitalen Raum zu einer "massiven Wettbewerbsverzerrung" komme, die eine "existenzielle Bedrohung für die pluralistische, unabhängig finanzierte Medienlandschaft" sei.
Das künftige ORF-Gesetz sieht eine Haushaltsabgabe anstatt der gegenwärtigen gerätegekoppelten GIS-Gebühr vor. Der ORF kommt dadurch – zumindest in den ersten Jahren – auf 710 Millionen Euro aus dem ORF-Beitrag. Ein deutlicher Wettbewerbsvorteil, der bedrohliche Ausmaße für Privatmedien annehme, so die Kritik des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ). Auch die Rolle von "ORF.at" wird von den Verlegern beanstandet. Die "Blaue Seite" sei zu zeitungsähnlich, wenn nicht gar eine Zeitung. Die dortige Berichterstattung führe zu einer verringerten Zahlungsbereitschaft für kostenpflichtige Angebote der Tageszeitungen, hält der Verlegerverband fest. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass es auf "ORF.at" künftig 70 Prozent Bewegtbild und 30 Prozent Text geben soll, wobei die Textbeitragszahl pro Woche auf 350 beschränkt wird. Den Verlegern geht das aber nicht weit genug.
Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) wandte sich bereits mit einer Beschwerde zum neuen ORF-Gesetz an Brüssel. Das Medienministerium reagierte darauf entspannt. Die neue Finanzierung des ORF sei aus Sicht des Verfassungsdienstes aus mehreren Gründen jedenfalls mit dem Beihilferecht der EU vereinbar, hieß es.