Geschätzte Menschen! Liebe Freundinnen und Freunde!
Über diesen Preis freue ich mich sehr. Diese Freude wird auch nicht durch ein paar Dinge gemindert, die ich aus Gründen der historischen Wahrheit sagen muß. In der Begründung steht, daß ich diesen Preis für mein „gesellschaftspolitisches Engagement sowie für meinen stets kritischen Blick auf dieses Land“ bekomme. Es waren genau diese Eigenschaften und dieser Blick, für die ich in den 70er- und 80er-Jahren immer wieder lautstark aufgefordert wurde, dieses Land zu verlassen. Inzwischen ist aus der Würgung eine Würdigung geworden, aus der Halsumschließung eine Schulterklopferei. Wie gesagt, meine Freude an diesem Preis ist groß, aber ich bleibe vorsichtig. Die Hand könnte ja von der Schulter wieder zum Hals hinaufwandern, vor allem wenn man bedenkt, daß sich der Horizont dieses Landes zunehmend mit schwarz-blauen Wolken verdüstert.
Im zweiten Teil der Jurybegründung steht, daß ich diesen Preis auch für das Verfassen der Drehbücher zur "Alpensaga" und zur "Arbeitersaga" erhalte. Film ist eine gemeinsame Kunst. Man muß es immer wieder sagen, weil es manchmal vergessen wird: Die Drehbücher zur "Alpensaga" habe ich gemeinsam mit Wilhelm Pevny geschrieben und die "Arbeitersaga" gemeinsam mit Rudi Palla. Mir gebührt also in beiden Fällen die Hälfte der Anerkennung, dieser inzwischen viel gerühmten Serien. Am Anfang waren die Schwarzen gegen die „Alpensaga“ und die Roten gegen die "Arbeitersaga". Funktionäre beider Gruppierungen haben immer wieder versucht, die Produktionen zu verhindern. Hätte es nicht ab und an den Mutanfall des damaligen Fernsehspielleiters und eines Redakteurs gegeben, wären beide Serien früh verstorben.
Heute gilt meine ganze schreiberische Leidenschaft dem Verfassen von Theaterstücken, aber auch dabei gibt es etwas Gemeinsames. Ich lese jede Szene meiner Liebsten, der Silke Hassler, vor und debattiere mit ihr darüber, manchmal sehr heftig.
Mit Axel Corti, dem Namensgeber dieses Preises, verbindet mich ein großer Respekt für seine Arbeit und ein gemeinsamer Film. Er heißt „Der Bauer und der Millionär“. Unter dem Grundstück eines Bauern in Oberösterreich wird Erdöl gefunden, und der Mann wähnt sich im Glück. Kurz vor Drehbeginn kam es zu einer Krisensitzung in der Direktion des ORF. In einer Szene berichten Wilhelm Pevny und ich von einem geheimen Zusatzabkommen zum österreichischen Staatsvertrag, welches den Westmächten erhebliche Schürfrechte für Erdöl und Erdgas auf österreichischem Grund und Boden einräumt, zu einem lächerlichen Preis. Man teilte uns höflich mit, daß der Film so bleiben könne, wie Pevny und ich ihn geschrieben haben, außer einer Kleinigkeit. Das Ganze dürfe nicht in Österreich spielen, sondern in Alaska. Wir nannten das damals die Zensur der freundlichen Nahelegung. Ich weiß ja nicht, wie das heute im ORF ist.
Axel Corti, der diesen Film monatelang vorbereitet hatte, blieb stur. Der Film spielt in Österreich oder er spielt gar nicht, sagte er. Für diese Haltung, die wohl sein ganzes Leben durchzogen hatte, hat er meinen allergrößten und bleibenden Respekt.
Noch einmal, zum dritten Mal: Die Freude über diesen Preis ist groß. Ich danke der Jury, daß sie auf die Idee verfallen ist, mir diesen Preis zu geben, und Ihnen allen danke ich fürs Zuhören.