Der Presserat übt wegen der Veröffentlichung zweier Gewaltvideos von Jugendlichen Kritik am Internetportal "oe24.at". Die beiden Beiträge verstießen gegen die Medienethik, so die Senate 1 und 2 des Presserats in einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme. Konkret gehe es um den Persönlichkeitsschutz und die Intimsphäre. Kritisiert werden "Schockvideo: Brutalo-Mädchen (13) treten auf Opfer ein" und "'Als ich das Video gesehen habe, bin ich zusammengebrochen'".
Im ersten Fall wurde ein Handyvideo vom Angriff zweier 13-Jähriger auf eine 14-Jährige in Deutschland gezeigt. Die Gesichter der Täterinnen und des Opfers wurden zwar verpixelt und zu Beginn des Videos ein Warnhinweis über "verstörenden Inhalt" gestellt. Jedoch dürfe der Persönlichkeitsschutz von Gewaltopfern nicht missachtet werden, heißt es nun vom Presserat. "Der Warnhinweis zu Beginn des Videos kann einen Eingriff in die Menschenwürde nach Ansicht des Senats nicht rechtfertigen", heißt es. Gerade die Intimsphäre von Jugendlichen genieße speziell bei Gewalttaten erhöhten Schutz.
Auch beim Bericht "'Als ich das Video gesehen habe, bin ich zusammengebrochen'" geht es um Gewalt unter Jugendlichen in Deutschland. Im konkreten Fall wurde eine 13-Jährige von mehreren Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren stundenlang gefoltert, was ebenfalls mit einem Handyvideo dokumentiert wurde, wobei auch hier die Gesichter der Beteiligten verpixelt waren. Im Gegensatz zum ersten Fall nahm die Medieninhaberin an diesem Verfahren teil. Deren Rechtsanwalt verwies auf die Verpixelung und den Umstand, dass das Bildmaterial bereits in einer Vielzahl von Medien gebracht worden sei.
Kein legitimes Informationsinteresse
Der Senat 2 des Presserats unterstrich in seiner Stellungnahme, dass es grundsätzlich keine Rolle spiele, ob das Video auch von anderen Medien veröffentlicht worden sei. Eine Redaktion müsse eigenständig darüber entscheiden, ob sie ihr vorliegendes Bildmaterial für medienethisch bedenklich halte. Andernfalls könne jede Verfehlung, die ein anderes Medium begeht, ohne Konsequenzen weiterverbreitet werden. In beiden Fällen konnten die Senate kein legitimes Informationsinteresse an einer Veröffentlichung erkennen: "Nach Auffassung der Senate dienten beide Gewaltvideos in erster Linie der Befriedigung des Voyeurismus und der Sensationsinteressen."