Eine Trauerminute besiegelte die Verleihung zum Kurt-Vorhofer-Preis 2023 an die "Wiener Zeitung". "Für ein unwiederbringliches Kulturgut, das zu Grabe getragen wird", schoss Gregor Kucera vom Redaktionsbeirat in seiner wütenden Dankesrede hinterher. Die Anwesenden in der Wiener Hofburg erhoben sich, auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Viele hatten Tränen in den Augen. Kucera musste öfter innehalten, um die Contenance zu bewahren.

Sechs Stunden davor, erzählte er, hätte man ihm die einvernehmliche Kündigung angeboten, er hielt das Papier in die Höhe. Von einer Fortführung als Online-Ausgabe sei demnach keine Rede mehr. Wie bekannt, wurde das Aus für die "Wiener Zeitung" in gedruckter Form unlängst im Nationalrat beschlossen. "Wir sind nicht so wie die derzeitige Politik, die ihre Macht erhalten will und alles dafür tut. Deren Verständnis von Medienpolitik nur Unverständnis bei allen hervorrufen muss. Die ihrer Spenden-Klientel dient und nicht dem Staat", sagte er. "Nirgendwo lässt sich der Mangel an Fachkräften besser erkennen als in der Medienkompetenz dieser Regierung." Diese glänzte übrigens durch ihre Abwesenheit.



Der Festakt zu den Auszeichnungen von Robert-Hochner-Preis und Kurt-Vorhofer-Preis in der Präsidentschaftskanzlei mutierte zur Regierungskritik. "Sie haben Ihrem Beruf alle Ehre gemacht", richtete der Hausherr, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, eingangs allen Gratulationen an die Preisträgerinnen und Preisträger aus.

Sein Job war ein schwieriger, schließlich unterzeichnete er das Gesetz vor einer Woche. "Ob mir gefällt, was ich da unterschreibe oder nicht, hat keinerlei Niederschlag gefunden." Einzig das verfassungsgemäße Zustandekommen hätte er bestätigt. Die Kritik der Redenden richtete sich daher auch an ihn. "Ich habe eine Wortmeldung in diesen Wochen schmerzlich vermisst – Ihre, sehr geehrter Herr Bundespräsident!", sagte Eike Kullmann, Präsident der Journalistengewerkschaft. "Ein Gesetz, das verfassungskonform zustande gekommen ist, zu unterzeichnen, ist das eine. Das andere wäre zumindest der Versuch gewesen, den für diesen Vernichtungsirrsinn Verantwortlichen ins Gewissen zu reden, die Öffentlichkeit aufzurütteln", sagte Kullmann. Den sogenannten Medienexperten sei es um nichts anderes gegangen, als "den Leuchtturm des Qualitätsjournalismus zu zerstören".

Und als dieser wurde die Tageszeitung auch geehrt: "Gefälligkeitsjournalismus war dieser Redaktion auch unter prekären Bedingungen immer wesensfremd. Damit bewies sie jenen Mut gegenüber Machthabern aller Art, der als eines der wesentlichen Kriterien zur Vergabe des Kurt-Vorhofer-Preises gefordert ist", begründete die Jury ihre Wahl für den Preis, der nach dem ehemaligen Leiter der Wiener Repräsentanz der Kleinen Zeitung benannt ist.

Für "ihre kontinuierliche und für breites Publikum verständliche Berichterstattung" über den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss erhielten die beiden ORF-Journalistinnen Claudia Dannhauser und Gaby Konrad den heurigen Robert-Hochner-Preis. Konrad sprach das geplante ORF-Gesetz an und bedauerte, die vertane Chance, die Einflussnahme der Politik auf den ORF zu unterbinden. "Das Anhörungsrecht der Landeshauptleute bei der Bestellung der Landesdirektoren bleibt unangetastet", kritisierte die geborene Grazerin die Medienpolitik in ihrer Dankesrede.