Am Tag der Pressefreiheit vor knapp einer Woche sind die Titelseiten von Österreichs Tageszeitungen leer geblieben. Die im Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) vertretenen Printmedien protestierten damit gegen die geplante ORF-Novelle. In einem Brief warnten die Verleger davor, dass die Medienvielfalt in Österreich durch die von der Bundesregierung präsentierte Gesetzesreform "existenziell bedroht" sei. Auf ihre Forderung, das ORF-Gesetz zu überarbeiten, folgte am Mittwoch nun ein Fünf-Punkte-Programm zur ORF-Reform.
Gefordert wird unter anderem eine Evaluierung der aktuellen Programm- und Sendungsangebote in Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF. Was diesem nicht entspricht, soll dem privaten Mediensektor "zugewiesen" werden. Durch die damit einhergehende Verringerung des Programmangebots könnte auch der ORF-Beitrag weiter gesenkt werden, meinen die Verleger und fordern zudem eine Straffung der ORF-Strukturen und eine Gremienreform, die eine Entpolitisierung und Verkleinerung des Stiftungsrats beinhalten solle.
Auch der bisherige Zankapfel, die "Blaue Seite", also ORF.at, soll laut VÖZ redimensioniert werden. Konkret soll der Fokus auf audiovisuellen Content liegen. Bislang sieht die Digitalnovelle vor, dass zwar eine Reduktion der Meldungen auf 350 pro Woche gibt, aber den Verlegern ist dies zu zeitungsähnlich. Die Überblicksberichterstattung müsse aus audiovisuellen Beiträgen bestehen, die dazugehörigen Begleittexte sollen in Zukunft 300 Zeichen nicht überschreiten dürfen. Eine Schlichtungsstelle, bestehend aus Mitgliedern der Zeitungs- und Zeitschriftenverlegerverbände und dem ORF-Direktorium soll über die Einhaltung der Vorgaben wachen.
Zwar ist in der ORF-Novelle eine stärkere Werbebeschränkung für den ORF vorgesehen, aber dem VÖZ geht dies zu wenig weit. Gefordert wird eine Beschränkung auf 1,5 Mrd. AdImpressions (Sichtkontakte mit Werbemitteln) pro Jahr. Untersagt werden sollen Sonderwerbeformen wie Product- und Themenplacement, vor allem dann, wenn sie nicht mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag in Einklang stehen. Auch auf den Social-Media-Plattformen sollen künftig keine öffentlichen Mittel mehr aufgewendet werden. Ausnahmen soll es nur im Rahmen des Bildungsauftrages geben.
Die geplante Ausweitung des "Online Only"-Contents sieht man bei den Verlegern ebenso kritisch und man warnt vor "eigenständigen und von einer konkreten Sendung losgelösten Inhalten."
Mittlerweile hat der ORF die Forderungen abgelehnt: "Forderungen, die nur den internationalen Mediengiganten in die Hände spielen, heimischen Anbietern nichts bringen und einer Abschaffung des ORF in seiner heutigen Form gleichkommen, kann der ORF nicht unterstützen", hieß es in einer Aussendung.
Kritik übt VÖZ-Präsident und Styria-Vorstandsvorsitzender Markus Mair an Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) selbst, der bei einer Pressekonferenz davon gesprochen hatte, dass man mit dem VÖZ intensiv rund um die ORF-Novelle verhandelt habe: "Weder der VÖZ noch einer seiner Vertreter waren in ernsthafte Verhandlungen eingebunden." "Der Prozess war von Geheimniskrämerei mit spärlichen und selektiven Informationshäppchen gekennzeichnet. Faire und offene Verhandlungen mit den betroffenen Stakeholdern sehen definitiv anders aus." Derzeit befindet sich die Gesetzesnovelle in Begutachtung. Der VÖZ stehe aber weiterhin für ernsthafte Verhandlungen zur Verfügung.