Am Donnerstag (11. Mai) geht der 67. Eurovision Song Contest mit dem 2. Halbfinale in die nächste Runde. Am Dienstag (9. Mai) wurde er mit dem 1. Halbfinale in der M&S Bank Arena in Liverpool gestartet. Der Vorjahressieger Ukraine konnte den Bewerb aufgrund des russischen Angriffskrieges ja bekanntlich nicht selbst ausrichten, und so ist Großbritannien als Ersatzgastgeber eingesprungen. Das österreichische Damenduo Teya & Salena steigt mit "Who the Hell is Edgar?" steigt am Donnerstag in den Bewerb ein, wenn der Startschuss fürs zweite Halbfinale fällt.

Die Schweiz (Sänger Remo Forrer) musste beim 1. Halbfinale am Dienstag zittern, konnte aber nach erfolgreichen Jahren der Eidgenossen einmal mehr aufatmen. Malta hat es trotz einer originellen Performance nicht ins Finale geschafft. Auch Irland, Lettland, die Niederlande und Aserbaidschan sind trotz Anstrengungen draußen.

Käärijä aus Finnland bei "Cha Cha Cha"
Käärijä aus Finnland bei "Cha Cha Cha" © Sarah Louise Bennett / EBU
Israel nützt die Bühne mehr als andere
Israel nützt die Bühne mehr als andere © Sarah Louise Bennett
Loreen schuf sich ihre eigene Bühne in Liverpool ... das war schon 2012 in Baku so
Loreen schuf sich ihre eigene Bühne in Liverpool ... das war schon 2012 in Baku so © EBU



Große Show vor bis zu 160 Millionen Zuschauern im Zeichen zweier Länder: Das Bühnendesign symbolisierte eine Umarmung und beruht auf den Prinzipien "Zusammensein, Feiern und Gemeinschaft". Der bekennende ESC-Fan Julio Himede, der schon für die Grammys und die MTV EMAs gearbeitet hat, wollte damit darstellen, wie Liverpool und das Vereinigte Königreich seine Arme öffnet für die Ukraine und Künstler aus der ganzen Welt. Startnummer eins hatte Norwegen: „Queen of Kings“ von Alessandra. Die Wikingerkönigin zeigte in einem samtigen grün-goldenen Outfit viel Haut und alle typischen Ingridenzien eines Beitrags aus Skandinavien. Jeder Zuschauer wusste: Ich habe zum ESC gezappt!


Das krasse Gegenteil bot Luke aus Serbien. Sein Auftritt wirkte futuristisch, brachial und verstörend. Er beginnt liegend in einer weißen Rose und richtet sich dann effektvoll auf. Seinen Beitrag haucht er mehr, als dass er singt. Er scheint versunken in seiner eigenen Welt. Unterstützt wird er von vier roboterhaft anmutenden Wesen, die mit Schnüren verbunden sind. Er darf das am 13. Mai noch einmal bieten!

Mimicat aus Portugal schaffte den Finaleinzug
Mimicat aus Portugal schaffte den Finaleinzug © AP
Auch 2023 klingt Moldawien nach Moldawien
Auch 2023 klingt Moldawien nach Moldawien © Sarah Louise Bennett / EBU

Unser Korrespondent Marc Gehring vermeldet aus der Arena: Portugal benötigt nichts weiter als die charismatische Mimicat und zwei Tanzpaare, um einen mitreißenden Bühnenauftritt hinzulegen. Der goldene Hintergrund und die roten Outfits harmonieren wunderbar. Die Tanzeinlagen sind schwungvoll und in bester "Dancing Stars"-Manier. Mimicat war stimmlich in Höchstform und nutzte die Satellitenbühne effektvoll und schaffte dadurch eine Nähe zum Publikum.

Nach dem schrillen Auftritt von Kroatien folgte mit Remo Forrer für die Schweiz der stimmgewaltigste Auftritt des Abends. Remo und die vier Tänzer sind schwarz gekleidet und interagieren mit Bändern. Zum Finale des Songs kommt Remo die Satellitenbühne nach vorne und kniet nieder. Das schafft eine schöne, intime Atmosphäre. Der 21-jährige Remo wirkt jedoch noch fast zu jung für diese tiefgründige Antikriegsbotschaft.

Israels Noa fragt „Europe, do you wanna see me dance?“ und hält, was sie verspricht. Sie startet effektvoll alleine in einem Lichttunnel und wirbelt im Anschluss mit ihren fünf Tänzern wild umher. Highlight des Auftritts ist die Instrumental-Bridge mit einem spektakulären Solo-Dance von Noa. Legendäre ESC-Auftritte  wie „Fuego“ oder „SloMo“ lassen grüßen. Passend zum Song gibt es Einhörner auf der LED-Wand und ein tolles Feuerfontänen-Finale.

Pasha Parfeni aus Moldawien huldigt mit seinem Beitrag der Sonne und dem Mond. Sein Ethno-Song sticht musikalisch an diesem Abend sehr heraus. In passenden exotischen Gewändern wird Pasha von zwei Trommlern und zwei Tänzerinnen mit einem nach vorne gebogenen Einhorn begleitet. Wir sehen ihn im Finale wieder!

Hintergrund-Info: Loreen, die große Favoritin 2023 musste ihren Beitrag im Vergleich zum schwedischen Vorentscheid etwas downsizen, damit er auf Bühne von Liverpool passt. Loreen beginnt liegend zwischen zwei Blöcken in edler Holzoptik. Während sich die Blöcke entfernen, richtet sich Loreen auf und beginnt mit ihren Scherenhänden effektvoll ihren Tanz. In der Arena wirkt „Tattoo“ weniger eindrucksvoll. Am Bildschirm jedoch entfaltet „Tattoo“ seinen fesselnden Zauber. Loreen könnte damit in die Fußstapfen von Johnny Logan treten und sich ein zweites Mal zur ESC-Königin krönen.

Das waren alle Halbfinalisten in ihrer Startreihenfolge:

1. Alessandra für Norwegen mit "Queen of Kings"

Norwegens Sängerin Alessandra tritt heuer mit einer archaischen, fem-power-starken Stampfnummer an, die sich bereits zum viralen Hit entwickelt hat. "Wild Dances" are back! 

2. The Busker aus Malta mit "Dance (Our Own Party)"

The Busker aus Malta setzen voll auf 80er-Stil mit entsprechendem Pullover, einem noch älteren Oldtimer auf der Bühne und einem Saxofonmann – ein Klassiker beim Song Contest. Noch dazu geht es um einen, der lieber daheim feiert als auf lauten Partys. Voll im Trend der Zeit also. 3. Luke Black aus Serbien mit "Samo mi se spava"

Luke Black präsentiert für Serbien heuer eine etwas spezielle Mischung aus Industrial, androgynem Sprechgesang und Tanzchoreo. Sexy – und es geht darum, am liebsten schlafen zu wollen. Voll im Trend der Zeit also. 4. Sudden Lights aus Lettland mit "Aijā"

Leadsänger Andrejs Reinis Zitmanis singt mit hohem Timbre und eher etwas depressiv über eine schlafende Frau namens Aijā, die bitte bloß nicht aufwachen möge. Wie bei Serbien geht es also auch hier ums Schlafen. Voll im Trend der Zeit? Genau. 5. Mimicat aus Portugal mit "Ai Coração"

Wenn Serbien und Lettland fürs Depressive zuständig sind, dann schwingt sich das ansonsten verlässlich für Fado-Melancholie sorgende Portugal eben einfach auf die Sonnenseite und hat mit Soulsängerin Mimicat eine flotte Nummer im Angebot.

6. Wild Youth aus Irland mit "We Are One"

ESC-Sieger Irland wird heuer seinen Trophäen keine weitere hinzufügen –
das lässt sich so weit schon sagen, auch wenn Conor O'Donohoe als Leadsänger der Band Wild Youth mit goldenem Elvis-Anzug zweifelsohne
ein Hingucker ist und die Formation mit ihrer Oasis-artigen Nummer Ex-Sex-Pistols Johnny Rotten im Vorentscheid aus dem Feld warf.

7.  Let 3 aus Kroatien mit "Mama ŠC!"

Die Rockband Let 3 setzt für Kroatien auf Drag und Militärparade – und das für ein Antikriegslied mit Trashfaktor. Stefan Weber hätte seine Freude gehabt – nicht wegen eines Plagiats, sondern wegen der Nähe zu
den Drahdiwaberln.



8. Remo Forrer aus der Schweiz mit "Watergun"

Auf Antikriegsklänge setzt auch der Schweizer Remo Forrer mit rauchigem Timbre und einer Choreografie, die stark an den einstigen
helvetischen Teilnehmer Luca Hänni gemahnt. Und der war ja ziemlich erfolgreich.

9. Noa Kirel aus Israel mit "Unicorn"

Noa Kirel ist eine der bekanntesten Sängerinnen ihres Landes und tritt mit mächtigem Orchesterpop in Liverpool an. Viel Powerballade und Liebesleid. Muss ja auch einer machen.

10. Pasha Parfeni aus Moldau mit "Soarele și Luna"

Pasha Parfeni ist ein ESC-Rückkehrer, war der Sänger doch bereits 2012 in Baku mit von der Partie. Nun versucht er mit "Soarele și Luna" ("Sonne und Mond") erneut sein Glück. Ein bisschen Ethnoklänge und Waldmystik. Wer's mag. 11. Loreen aus Schweden mit "Tattoo"

Nach ESC-Rückkehrer Parfeni kommt die ESC-Rückkehrerin Loreen an die Reihe. Mit demselben Team, das bereits den ESC-Hit "Euphoria" geschrieben hat, versucht es die 39-Jährige erneut. Und verlässt sich
mit "Tattoo" auch auf dasselbe Rezept ihres Sieges 2012. Aufstieg ins
Finale garantiert.
12.  TuralTuranX aus Aserbaidschan mit "Tell Me More"

Die 22-jährigen Zwillinge Tural und Turan Bağmanovlar haben bisher primär Erfahrungen als Straßenmusiker in Baku gesammelt. Auf die große Bühne mit Millionenpublikum kommen sie nun mit einem klassischen Liebeslied im 60er-Stil, ein bisschen rappig aufgemotzt.13. Vesna aus Tschechien mit "My Sister's Crown"

Die sechsköpfige Frauenband Vesna bietet Feminismus im Powerformat. Slawische Volksmusik gemischt mit Elektrobeats, gesungen auf Tschechisch, Bulgarisch, Ukrainisch und Englisch. Schwesternermutigung – das kommt immer gut an beim ESC. 14. Mia Nicolai & Dion Cooper aus Holland mit "Burning Daylight"

Das niederländische Duo Mia Nicolai und Dion Cooper hat sich für das Schreiben seines Songs "Burning Daylight" unter anderem mit dem Ex-Gewinner Duncan Laurence zusammengespannt. Herausgekommen ist routinierter Radiopop, der nicht lange zwischen den Ohren verharrt.

15. Käärijä aus Finnland mit "Cha Cha Cha"

Da ist nun wirklich für jeden was dabei. Finnlands Teilnehmer Käärijä kommt mit einer für sein Land bewährten Metalnummer, die er im Rapstil singt mit einem grünen Nichts als Oberteil und einer mächtigen Bühnenshow. Nicht umsonst ist Käärijä Rammstein-Fan und trägt ein variiertes Emblem der deutschen Band auf der Brust.