Sie war ein visuelles Statement, dessen Effekt nicht ohne Wirkung geblieben ist: Zahlreiche heimische Tageszeitungen wurden zum gestrigen Tag der Pressefreiheit auf Initiative des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) mit leeren Titelseiten ausgeliefert. Ein vielsagend nichtssagendes Blatt Papier als mahnende Leerstelle und maximaler Kontrast zum üblichen Informationsträger Titelseite.
Der Protest richtete sich gegen die geplante ORF-Novelle und die dazugehörige Haushaltsabgabe, die dem ORF in Zukunft mindestens 710 Millionen Euro einbringt. Die Zeitungsverleger sehen darin einen massiven Wettbewerbsvorteil für den ORF, der die Medienvielfalt des Landes "existenziell bedroht", und fordern eine Überarbeitung der geplanten Novelle. Gerichtet war der Appell vor allem auch an die Bundesregierung und die Abgeordneten zum Nationalrat.

"Es wurde im Vorfeld intensiv verhandelt, gerade auch mit den Zeitungsverlegern", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Mittwoch am Rande einer Pressekonferenz, "deshalb gibt es in Zukunft auch die Beschränkungen beim ORF. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird immer ein Diskussionsthema bleiben. Wir haben versucht, innerhalb des Systems einen fairen Markt zu schaffen. Aber ja, es ist immer ein Abwägen und es sind herausfordernde Zeiten."

Von Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) gab es am Mittwoch auch auf Nachfrage keine Stellungnahme zum Appell des VÖZ, Raab hatte im Vorfeld zum Tag der Pressefreiheit im Gespräch mit der Austria Presse Agentur aber betont, dass in Österreich im vergangenen Jahr mehrere Medienpakete umgesetzt worden seien, "die den Medienstandort und damit die heimischen Medien in ihrer Vielfalt, Unabhängigkeit und Pressefreiheit stärken".


Nicht nur der VÖZ appellierte an die Regierung, auch die Neos forderten in einem offenen Brief ein Umdenken ein: "Eine ORF-Reform ohne Entpolitisierung darf es nicht geben. Eine Journalistenausbildung unter Obhut des Bundeskanzleramtes darf es nicht geben. Inseratenkorruption darf es nicht geben, stattdessen braucht Österreich endlich eine ordentliche Medienförderung", sagte Parteichefin Beate Meinl-Reisinger.
Die Zeitung "Österreich" hat am Mittwoch gleich selbst eine Petition gegen die Haushaltsabgabe gestartet und forderte auf ihrer Titelseite: "Stoppt die ORF-Steuer!"

Der ORF-Redaktionsausschuss verwehrte sich gestern in einer einstimmig beschlossenen Resolution gegen "völlig unangebrachte, falsche Zuschreibungen" wie etwa "Monopolsender" oder "hypertropher Staatsfunk". Zwar zeige man für die wirtschaftlichen Probleme privater Medienbetreiber Verständnis, aber es würde nicht in der Verantwortung des ORF liegen, dass internationale Konzerne wie Google oder Facebook Werbegelder abziehen.