Nach Behandlung im Verfassungsausschuss sollen die Gesetze beschlossen werden. Denkbar ist das Ende April. Als Reaktion auf Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren wurden die Gesetzesentwürfe teils adaptiert, auf manch größere Kritikpunkte ist man nicht eingegangen.
Die Änderungen am Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz sollen mit 1. Jänner 2024 in Kraft treten. Künftig müssen alle Einschaltungen und Medienkooperationen der öffentlichen Hand unabhängig von der Erscheinungsfrequenz eines Mediums und ab dem ersten Euro an die Medienbehörde RTR gemeldet werden. Bisher waren nicht-periodische Medien ausgenommen und galt eine Bagatellgrenze von 5.000 Euro. Eine vielfach geforderte Obergrenze für Inseratenschaltungen kommt nicht. Für Kampagnen ab 150.000 Euro muss ein Transparenzbericht, für Kampagnen ab einer Million Euro zusätzlich eine Wirkungsanalyse durchgeführt werden. Der Strafrahmen bei Nicht-Meldung der Daten wird erhöht.
Die RTR muss die Daten künftig benutzerfreundlicher aufbereiten und länger als bisher - nämlich zehn Jahre - bereitstellen. Als administrative Vereinfachung für betroffene Rechtsträger wird der Entfall von Leermeldungen angeführt. Auch ändert sich die Veröffentlichung von derzeit quartalsweise auf halbjährlich.
"Die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, was mit den Steuergeldern passiert. Deshalb muss in Zukunft jedes Inserat und jeder Euro, der von der öffentlichen Hand ausgegeben wird, gemeldet werden", begründete Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) die Novelle. Eva Blimlinger, Mediensprecherin der Grünen, sprach von "lückenloser Klarheit ab dem ersten Euro, um einen verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeld sicherzustellen". Für die Umsetzung wird eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat benötigt. Dazu wird mit der SPÖ und den NEOS gesprochen. "Ich denke nicht, dass jemand etwas gegen verbesserte Transparenz haben könnte", zeigte sich Blimlinger in einem Hintergrundgespräch optimistisch.
20 Millionen Euro für Qualitätsmedien
Ein weiterer Initiativantrag sieht die Schaffung einer Qualitätsjournalismusförderung in Höhe von 20 Millionen Euro pro Jahr für Print- und Onlinemedien vor. 15 Millionen Euro der Förderung werden nach Anzahl angestellter Journalistinnen und Journalisten nach Kollektivvertrag oder kollektivvertragsähnlichen Verträgen und der Anzahl von Auslandskorrespondenten vergeben. Zusatzmittel fließen etwa für ein vorhandenes Redaktionsstatut, Fehlermanagementsystem oder Frauenförderpläne. 2,5 Millionen Euro stehen für Förderungen zur inhaltlichen Vielfalt zur Verfügung, 1,5 Millionen Euro für die Aus- und Weiterbildung in Medienunternehmen, 700.000 Euro für Medienkompetenzförderung, 250.000 Euro zur Förderung der Selbstkontrolle der Medien und Presseclubs. Diese wurde um 50.000 Euro im Vergleich zum Gesetzesentwurf aufgestockt. 50.000 Euro fließen an die Medienforschung.
Als allgemeine Fördervoraussetzung wird angeführt, dass es sich nicht um ein reines Fachmedium, sondern ein Universalmedium handelt, das über mehrere Bereiche wie Politik, Sport, Kultur oder auch Wissenschaft und Forschung berichtet. Letztere Themen waren in der Ursprungsfassung nicht erwähnt. Bei Tageszeitungen müssen mindestens sechs Journalisten hauptberuflich tätig sein, bei Wochenzeitungen wie auch Magazinen mindestens zwei, bei Onlinemedien mindestens drei.
Onlinemedien müssen zudem mindestens 150.000 Unique User pro Monat aufweisen. Diese Hürde wurde im Vergleich zum Gesetzesentwurf, der 300.000 Unique User und eine Mindestzeichenanzahl in Höhe von 30 Millionen vorsah, abgesenkt. Dafür muss der redaktionelle Inhalt mindestens 65 Prozent betragen, um zu verhindern, dass Websites Förderung erlangen, die großteils Inhalte aus fremden Quellen übernehmen. Nicht berücksichtigt wurde die Forderung, dass der Presserat anerkannt werden muss, um Förderung zu erhalten. Diese Voraussetzung wäre allein schon deshalb schwierig zu implementieren gewesen, da der Presserat derzeit nicht für reine Onlinemedien zuständig ist, so Blimlinger.
Medieninhaber müssen sich klar zu im Gesetz definierten journalistischen Grundsätzen wie Gewissenhaftigkeit und Korrektheit in Recherche und Wiedergabe von Nachrichten verpflichten. "Wir wollten möglichst hohe Standards setzen und haben auch erwirkt, dass ein Ausschluss von der Förderung auch schon vor einer gerichtlichen Verurteilung etwa wegen der Verbreitung von Hetze, Rassismus oder Homophobie möglich ist", so Blimlinger. Parteimedien sind wie Nachrichtenagenturen von der Förderung ausgeschlossen. Die Fördervergabe obliegt der KommAustria. Das Gesetz soll mit 1. Juli 2023 in Kraft treten, muss aber zunächst von der EU-Kommission geprüft werden.
Raab sprach von einer Maßnahme, die "unabhängigen und kritischen Journalismus, der für jede Demokratie unerlässlich ist", fördert. "Die neue Qualitätsjournalismusförderung markiert einen längst überfälligen und historischen Paradigmenwechsel in der heimischen Medienpolitik. Weg von der Förderung bedruckten Papiers, hin zur Förderung journalistischer Arbeit", meinte Blimlinger.
Ende der "Wiener Zeitung" mit 1. Juli
Ernst macht die Regierung auch mit ihrem vielfach kritisierten Vorhaben, die republikseigene "Wiener Zeitung" nicht länger als tägliche Printzeitung erscheinen zu lassen. Sie soll unter "Bedachtnahme auf einen hohen journalistischen Qualitätsstandard und unter Beachtung eines Redaktionsstatutes" als Onlinemedium und nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel mindestens zehn Mal jährlich in Printform erscheinen. Dafür stehen 7,5 Millionen Euro der insgesamt 16,5 Millionen Euro, die der Bund jährlich beisteuert, zur Verfügung. Die Abberufung und Bestellung von Chefredakteuren ist in Zukunft ausschließlich im Einvernehmen mit dem Herausgeber - der Wiener Zeitung GmbH - möglich. Das soll die journalistische Unabhängigkeit stärken.
Auch ein mit 6 Millionen Euro pro Jahr ausgestatteter "Media Hub Austria" wird bei der Wiener Zeitung GmbH eingerichtet. Er soll nicht wie geplant Journalistinnen und Journalisten aus- und weiterbilden, sondern ein "Praxisprogramm" bieten - primär "Training on the Job". Praxisplätze sind bei der "Wiener Zeitung" und bei Kooperationspartnern wie "Dossier" und der "Kleinen Zeitung" vorgesehen. Auch soll der Media Hub Austria Gründer im Medienbereich fördern und Bürgern Medienwissen vermitteln.
Für die in Printform abgeschafften Pflichtveröffentlichungen im Amtsblatt der Zeitung wird ein digitales "schwarzes Brett" eingerichtet. Zusätzlich soll die Wiener Zeitung GmbH eine "Content-Agentur Austria" betreiben. Diese besorgt Content- und Agenturleistungen für den Bund und Unternehmen und soll langfristig auch Leistungen als Mediaagentur übernehmen.
Das Gesetz zur "Wiener Zeitung" soll mit 1. Juli in Kraft treten. Bis Jahresende müssen die Änderungen "vollumfänglich" umgesetzt werden. Blimlinger meinte daher: "Wir müssen das Gesetz möglichst schnell beschließen, damit mit der Entwicklung des künftigen Produkts begonnen werden kann." Sie meinte, dass die "Wiener Zeitung" nun ein "innovatives und investigatives Medium" mit Fokus auf nationale und internationale Kooperationen werde. "Die Zugriffszahlen werden bald zeigen, dass die 'Wiener Zeitung' so viel mehr Relevanz erzielen kann - und Tag für Tag wesentlich mehr Leserinnen und Leser als bisher erreichen wird", zeigte sich die Grünen-Mediensprecherin überzeugt.
Die Redaktion befürchtete wie zahlreiche Vertreter diverser Bereiche der Gesellschaft in den vergangenen Monaten eine Zerschlagung der "Wiener Zeitung" und massive Personalreduktionen. Auch wurde moniert, dass nicht ernsthaft auf externe Interessenten zur Weiterführung der Tageszeitung eingegangen worden sei. "Es gab die eine oder andere Idee, aber keine ausgearbeitete Strategie, die eine Übernahme oder Weiterführung der Zeitung in derzeitiger Form ermöglicht hätte", so Blimlinger. "Wir hätten uns auch nicht dagegen gesträubt, die 'Wiener Zeitung' an private Interessenten abzutreten, diese gab es nur nicht."
Die drei Gesetze bzw. Novellen sollen "auf jeden Fall vor Sommer" beschlossen werden, sagte die Grünen Mediensprecherin. Sie werden am 19. April im Verfassungsausschuss diskutiert und könnten bereits am 27. April im Nationalratsplenum zur Abstimmung stehen.
Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) begrüßte in einer Aussendung die Qualitätsjournalismusförderung. Es seien einige Änderungen am Entwurf vorgenommen worden, die "in die richtige Richtung gehen" und so "einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Medienvielfalt in Österreich leisten" könnten. Die NEOS sahen "halbherzige Reförmchen", die noch kein Medienpaket machen würden. NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter forderte, dass alle Konzepte für die Zukunft der "Wiener Zeitung" debattiert werden und kritisierte etwa, dass keine Obergrenze für Inseratenvergaben eingezogen wurde. Die JournalistInnengewerkschaft forderte die Regierung auf, den Initiativantrag zur "Wiener Zeitung" zurückzunehmen, sei er doch ein "Todesstoß auf Raten" für die älteste in Printform noch erscheinende Tageszeitung der Welt. Stattdessen müsse eine privatwirtschaftliche Lösung gefunden werden. Gerhard Ruiss von den IG Autorinnen Autoren sah im Gesetz zur "Wiener Zeitung" "ein so erbärmliches politisches Armutszeugnis, dass man nur noch den Kopf schütteln kann". Der Gemeindebund begrüßte die Abschaffung der Leermeldungen von Gemeinden und Gemeindeverbänden im Medientransparenzgesetz. "Nun werden endlich unsere Verwaltungen entlastet", freute sich Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl.