Die Pläne für eine geräteunabhängige Haushaltsabgabe anstatt der GIS-Gebühr für den ORF stoßen laut zwei von "profil" und dem "Standard" in Auftrag gegebenen Umfragen auf wenig Gegenliebe in der Bevölkerung. So lehnen eine Haushaltsabgabe 58 Prozent der Bevölkerung ab, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Unique-research für "profil" ergab. Eine Mehrheit von 63 Prozent findet Gebühren laut einer Market-Umfrage für den "Standard" grundsätzlich nicht gerechtfertigt.
Nur 33 Prozent der 500 Befragten sprechen sich im Nachrichtenmagazin "profil" für das neue Finanzierungsmodell aus. Am größten ist der Widerstand demnach unter FPÖ-Wählern, von denen 83 Prozent die Haushaltsabgabe ablehnen. Unter SPÖ-Wählern sprechen sich 52 Prozent gegen das neue System aus. Bei ÖVP-Wählern findet die Einführung einer Haushaltabgabe mit 58 Prozent hingegen eine Mehrheit.
800 Wahlberechtigte wurden für den "Standard" befragt. Stehen eine auf Streaming erweiterte GIS, eine Haushaltsabgabe und eine Budgetfinanzierung für den ORF zur Auswahl, dann plädieren 51 Prozent der Befragten für eine Finanzierung aus dem Bundesbudget. "Anhänger der Regierungsparteien ÖVP und Grüne sowie der Neos sind mehrheitlich für eine Haushaltsabgabe, drei Viertel der FPÖ-Fans hingegen für eine Budgetfinanzierung", heißt es darin.
11 Prozent der Jugendlichen
Die Bundesjugendvertretung (BJV) betont in einer Aussendung, dass sogar nur 11 Prozent der Jugendlichen eine Haushaltsabgabe befürworten. "Junge Menschen finden das Modell der Haushaltsabgabe ungerecht. Eine neue ORF-Finanzierung darf nicht zu Lasten junger Menschen gehen", so BJV-Vorsitzender Julian Christian. Um Jugendliche besser zu erreichen, brauche es stattdessen eine Digitalnovelle, die auf die Bedürfnisse junger Menschen bei der Mediennutzung eingehe. Zudem müssten Jugendliche "stärker in die Programmgestaltung einbezogen werden". Man bekenne sich "grundsätzlich zur Notwendigkeit des verfassungsrechtlichen Auftrags des Rundfunks, aber es braucht endlich auch den Ausbau von jugendadäquaten Programminhalten und Formaten, um junge Menschen anzusprechen".
In einem Interview mit dem "Standard" spricht sich der ehemalige ORF-Generalintendant Gerhard Zeiler für eine Mitfinanzierung des ORF durch die Bevölkerung aus: "Wenn es einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben soll, wovon ich überzeugt bin, dann müssen die Menschen dafür einen Beitrag leisten", so Zeiler. Allerdings müsse der ORF "täglich durch seine Programme beweisen und die Menschen überzeugen, dass es richtig ist, einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu haben. Ich glaube, der ORF erledigt seine Aufgabe im Großen und Ganzen sehr gut."
Der Medienberater Peter Plaikner unterstreicht in der "Kleinen Zeitung", dass der ORF nun "eine tabulose, breite öffentliche Diskussion über die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Mediums in einer digitalisierten Demokratie" anstoßen müsse. "Davon sollte dann ein gestärkter ORF übrig bleiben, für den Selbstsicht und Fremdbild wieder weitgehend übereinstimmen." Die Umstellung von Rundfunkgebühr auf Haushaltsabgabe seitens der Politik mit der Forderung nach Rabatten zu verknüpfen, nennt er hingegen einen "politischen Willkürakt".
Auch NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter kritisiert Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) in einem Gastkommentar in der "Presse". Die Ministerin übe sich "lediglich in plattem Populismus". Vielmehr müsse man nun "einen breiten Prozess aufsetzen, der die Zivilgesellschaft aktiv einbindet", um herauszufinden, wie sich der öffentlich-rechtliche Auftrag gestalte. "Das ist aber keine Frage von Sparmaßnahmen, sondern eine inhaltliche und strukturelle Frage. Diese wichtigen Schritte überspringt die Regierung, die Planlosigkeit lässt viele Medienexperten ratlos zurück."
Rückendeckung für das Vorgehen der Regierung gab es erwartungsgemäß von der Grünen Mediensprecherin Eva Blimlinger: "Eine Haushaltsabgabe ist nicht nur für alle günstiger und gerechter, weil alle gleichermaßen bezahlen, sie ist auch demokratischer: Alle zahlen, wie bei anderen gemeinschaftlichen Leistungen, und jene, die geringe Haushaltseinkommen haben, werden befreit", schreibt sie in der "Presse". Zugleich übt sie erneut Kritik an der von ORF-Generalintendant Roland Weißmann angedachten Einsparung des Radio-Symphonieorchesters (RSO), das sie als "eines der wichtigsten und profiliertesten Orchester des Landes" bezeichnet.
Hintergrund für die Diskussion ist der Entscheid des Verfassungsgerichtshofs, der ab 2024 eine neue ORF-Finanzierung verlangt, die im Gegensatz zur GIS auch Streamingnutzung umfasst.