Auch zwei Tage, nachdem ORF-Chef Roland Weißmann seine von der Politik geforderten und an Verhandlungen über eine Haushaltsabgabe geknüpften Sparpläne vorgelegt hat, herrscht Aufregung. Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP), kann keinen harten Sparkurs erkennen und rechnet mit mehr Mitteln für den ORF. Kunstkurie und Kunstsenat wie auch Filmschaffende treten wiederum gegen die Sparpläne rund um das RSO und ORF Sport + auf.
Drumms Befürchtung ist, dass der ORF mit der Implementierung einer Haushaltsabgabe mehr Mittel zur Verfügung haben könnte. Denn die Abgabe solle pro Haushalt zwar sinken, wie Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) wiederholt betonte, doch steige auch die Zahl der abgabenpflichtigen Haushalte, merkte sie in einem Statement gegenüber mehreren Medien an. Erhalte der ORF mehr öffentliche Mittel als zuvor, sei die Medienvielfalt bedroht, da jeder Euro mehr für den ORF den Lebensraum der Privaten dezimiere, meinte die VÖP-Geschäftsführerin. Wichtig sei laut Drumm nun eine klare Festlegung des Gesetzgebers, wofür der ORF sein Geld verwenden dürfe und damit eine Überarbeitung des Programmauftrags.
Auch Michael Radelsberger, stv. Geschäftsführer von Sky Österreich, sprach sich in einem der APA vorliegendem Statement dafür aus, den öffentlich-rechtlichen Sendeauftrag des ORF "ganz grundsätzlich zu diskutieren und zu schärfen". "Dabei ist zu bewerten, welchen Stellenwert die Versorgung der Bevölkerung mit der Sportvielfalt des Landes darstellt", meinte er mit Blick auf das ankündigte Vorhaben, den Spartenkanal ORF Sport + mittelfristig als linearen Sender einzustellen und auf ORF 1 bzw. ins Digitale zu migrieren. Dank ORF Sport + erhielten immerhin zahlreiche Sportarten Reichweite und damit auch Relevanz für Sponsoringpartner. "Es gibt durchaus genügend Programminhalte – sowohl im Sport, als auch im Film- und Serienbereich – die keine derartige Unterstützung durch den ORF benötigen und nur einen sehr begrenzten Beitrag zur lokalen Kulturlandschaft beitragen", so Radelsberger.
Kunstkurie und Kunstsenat protestierten am Mittwoch in einer Aussendung gegen das geplante Aus des ORF Radio-Symphonieorchesters (RSO). Sie sehen in der Einsparungsmaßnahme des ORF eine "kunstfeindliche Maßnahme", die den Ruf Österreichs als Musikland "ernsthaft gefährde". "Jeder Eingriff in die Existenz und Qualität eines tragenden Klangkörpers wie des RSO wäre mit fatalen und irreversiblen Folgen verbunden", hieß es. Gefordert wird die Verankerung des RSO im ORF-Gesetz.
Einen Aufruf für "Kunst und Kultur im und für den ORF" haben indes Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren, Rabenhof-Direktor Thomas Gratzer und Autor Daniel Wisser gestartet. "Dass ein neues Finanzierungsmodell des ORF zum Anlass genommen wird, um Sparmaßnahmen vorzusehen, die vor allem Kunst und Kultur betreffen, ist ein äußerst problematisches Signal", heißt es darin. Mehr als 100 Einrichtungen und Künstler unterstützen den Aufruf bereits, der u. a. fordert, dass Kunst und Kultur im ORF nicht Rationalisierungsmaßnahmen zum Opfer fallen dürfen.
Der Dachverband der Österreichischen Filmschaffenden erachtete die von der Politik geforderten Einsparungen beim ORF als "sachlich nicht zu rechtfertigen". Sie dienen der Disziplinierung des ORF, so der Vorwurf in einer Aussendung. Der Dachverband fordert ausreichend Mittel für den ORF, um dessen Unabhängigkeit dauerhaft abzusichern, Sitz und Stimme für Filmschaffende im ORF-Stiftungsrat und ein Rundfunkgesetz, das dem ORF eine Programmgestaltung jenseits von Parteipolitik ermögliche.
ORF-Chef Weißmann hat am Montag im Rahmen eines Sonderfinanzausschusses den Stiftungsräten seine – auch von der Politik eingeforderten – Sparpläne für das öffentlich-rechtliche Medienhaus präsentiert. Bis 2026 sollen rund 300 Millionen Euro eingespart werden. Abseits von RSO und ORF Sport + soll auch die ORF-Gebührentochter GIS deutlich verkleinert, anstehende Pensionierungen teils nicht nachbesetzt und die Bezahlplattformen Flimmit und fidelio in dieser Form eingestellt werden.