Für Aufregung sorgen von "Presse", "Standard" und "Spiegel" ausgewertete interne Chats und E-Mails aus dem ORF-Landesstudio Niederösterreich, die ein für den früheren Chefredakteur und jetzigen Landesdirektor Robert Ziegler ungünstiges Bild zeichnen. Ziegler habe sich immer wieder massiv für TV-Präsenz von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) eingesetzt und eine Art Message Control zugunsten der Volkspartei betrieben.
Ziegler habe mit Hinweisen, die als Wünsche zu verstehen gewesen seien, auf die politische Berichterstattung eingewirkt, beschreibt der "Standard" ein "Sittenbild eines eng mit der Landesregierung verwobenen, GIS-Gebühren-finanzierten Rundfunks". Im ORF-"Abendjournal" wurde auf das ORF-Redaktionsstatut verwiesen, das Redakteuren Unabhängigkeit bei der Gestaltung der Beiträge zusichere. "Systematische Interventionen, 'Pflicht'-Interviews und eine ÖVP Niederösterreich, die den ORF für sich als Plattform nutzt": Die Vorwürfe, die Mitarbeiter des nunmehrigen Landesdirektors erheben würden, wiegen schwer, berichtet die "Presse" unter Hinweis auf E-Mails und Chats aus Zieglers Zeit als Chefredakteur (2015 bis 2021).
ORF-Chef als "Kommunikationslandesrat"
Als ein Beispiel angeführt wird, dass Ziegler zur Berichterstattung über den Leopolditag 2020 minutiöse Anweisungen gegeben habe, wie ein Video von Mikl-Leitner auszuwerten sei. Ein bekannter Fall sei, dass Ziegler nachträglich in einen Kulturbeitrag für die ZiB einen O-Ton Mikl-Leitners eingebaut haben wollte. Die Redaktion sei mit dem Führungsstil alles andere als glücklich gewesen, geht offenbar auch aus Unterlagen hervor. Hinter vorgehaltener Hand sei der – damalige – Chefredakteur "Kommunikationslandesrat" genannt worden, so der "Standard".
Mittlerweile haben sich sich die Redaktionssprecherinnen und -sprecher des Landesstudios für eine Untersuchung der Anschuldigungen ausgesprochen. Gleichzeitig wehrten sie sich am Samstag per Aussendung gegen "eine pauschale Vorverurteilung der gesamten Redaktion des ORF Niederösterreich". Die Unabhängigkeit der Journalistinnen und Journalisten des
ORF sei nicht nur ein hohes Gut, "sie ist im ORF-Gesetz auch
unmissverständlich verankert." Die Redakteurinnen und Redakteure des Landesstudios würden ihr Bestes tun, um schnell, umfassend und objektiv zu berichten.
Der offizielle ORF reagierte mit der Feststellung, es gebe "starke Instrumentarien, die die Unabhängigkeit der Berichterstattung und seiner Redakteurinnen und Redakteure absichern". Diese seien heuer durch das von Generaldirektor Roland Weißmann mit dem Redaktionsrat neu verhandelte neue Redaktionsstatut weiter verbessert worden. "Es liegen ORF-intern keinerlei Beschwerden gegen den damaligen Chefredakteur Robert Ziegler vor." Auch die angeblichen Belege, auf die sich die aktuellen Medienberichte stützen, seien dem ORF nicht bekannt. "Den nun anonym erhobenen Vorwürfen gegen Robert Ziegler wird seitens des Unternehmens selbstverständlich nachgegangen."
"Diffuse und nicht nachvollziehbare Vorwürfe"
"Es handelt sich hier um diffuse und nicht nachvollziehbare Vorwürfe", reagierte Ziegler. "Ich kenne das angebliche Konvolut an Belegen nicht." Er habe sechs Jahre lang "nach bestem Wissen und Gewissen" die Redaktion des Landesstudios Niederösterreich geleitet, die tolle und erfolgreiche Arbeit leiste. "Unabhängig, selbstständig und hoch qualifiziert", so Ziegler.
Derweil zeigt sich die Nähe zwischen Niederösterreichs ORF und ÖVP auch auf anderer Ebene. Die ehemalige Chefredakteurin Christiane Teschl-Hofmeister, wechselte aus dem Landesstudio in die ÖVP-Landesregierung. Als Bildungslandesrätin. Anderswo wäre das "ein medienethischer Tabubruch", resümiert die "Presse".