Nach prominenten Unterstützern aus der Politik haben sich nun zahlreiche Vertreter der Medienbranche für den Fortbestand der "Wiener Zeitung" ausgesprochen. Unter den Unterzeichnern eines Appells an die Bundesregierung, alle Pläne zur Einstellung der Tagesausgabe zurückzunehmen, finden sich etwa "Kronen Zeitung"-Herausgeber Christoph Dichand, "Presse"-Herausgeber Rainer Nowak, "ZiB 2"-Anchor Armin Wolf und Kleine Zeitung-Chefredakteur Hubert Patterer.
Auch "Oberösterreichische Nachrichten"-Chefredakteurin Susanne Dickstein, "Heute"-Chefredakteur Christian Nusser, "Falter"-Herausgeber Armin Thurnher und "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk sowie Andreas Koller, stv. Chefredakteur der "Salzburger Nachrichten" unterstützen das Begehr. In dem Schreiben heißt es, die älteste noch bestehende Tageszeitung der Welt stelle "ein Kulturgut erster Güte dar". Mit ihrer unabhängigen Redaktion habe die Zeitung Maßstäbe für einen in der Demokratie unverzichtbaren Qualitätsjournalismus in einer "zunehmend inhaltlich verarmenden Medienlandschaft" gesetzt.
Die Unterzeichner - darunter u.a. auch Daniela Kraus, Ulla Kramar-Schmid, Paul Lendvai, Heinz Nussbaumer, Helga Rabl-Stadler, Gerfried Sperl, Anneliese Rohrer sowie Othmar Lahodynsky - appellieren, die "Wiener Zeitung" in ihrer bisherigen Weise in einer Übergangszeit von 18 Monaten weiterzuführen. In diesem Zeitraum sollen Redaktion und ihre gewählten Vertreter gemeinsam mit dem Personenkomitee nach Lösungen für eine Fortführung dieses "weltweit einzigartigen Zeitungsprojektes" suchen. Die Regierung wird angehalten, dazu in einen konstruktiven Dialog einzutreten.
Die JournalistInnengewerkschaft in der GPA prüft indes eine Klagsmöglichkeit gegen die Republik. Konkret stößt sich die Gewerkschaft daran, dass die Republik als Eigentümerin der "Wiener Zeitung" gegen das Redaktionsstatut der ältesten noch bestehenden Tageszeitung der Welt verstoßen haben soll. Die Redaktion habe ein verbrieftes Mitspracherecht und müsse bei Verhandlungen zur Zukunft der Zeitung eingebunden werden. Geschehen sei dies aber nicht. Die Bundesregierung habe dieses Recht "mit Füßen getreten", wurde Eike-Clemens Kullmann, Bundesvorsitzender der JournalistInnengwerkschaft in der GPA, in einer Aussendung zitiert. "Es ist ein Hohn, wie diese Bundesregierung mit der Redaktionsvertretung umgegangen ist und umgeht und sie dann auch noch davon spricht, das Redaktionsstatut bleibe auch weiterhin bestehen, wenn aus der Tageszeitung ein Monatsblatt plus Online-Ausgabe wird", so Kullmann. Er sieht einen "Todesstoß auf Raten" und zugleich "unersetzlichen Verlust für den Qualitätsjournalismus in Österreich".