Drei der vier anstehenden Mediengesetze sind in Begutachtung: Journalismusförderung, neue Regeln für Regierungswerbung und das Ende der Pflichtinserate in der „Wiener Zeitung“. Es fehlen noch die ORF-Novellen. Das ist nicht nichts, aber kein großer Wurf. Es sind seit vielen Regierungen überfällige Minimalkompromisse zu demokratiepolitischen Notwendigkeiten.

Ministerin Susanne Raab hat erledigt, was Lobbyisten übrig ließen. Der dickste Brocken folgt aber erst. Denn beim ORF reden alle mit – unabhängig von der Expertise. Einen Vorgeschmack bieten die Scharmützel um seine blaue Digital-Nachrichtenseite sowie Reformen von Ö1 und FM4. In diese Kategorie der Empörung auf Abruf fällt auch der lauteste Protest gegen die Regierungsvorhaben. Die „Wiener Zeitung“ verliert durch die Pflichtinserate ihre wichtigste Finanzierung und soll zwar online weiter aktuell berichten, auf Papier aber nur noch monatlich.

Die Front gegen dieses „vollkommen realitätsferne“ (Neos) „Sterben auf Raten“ (SPÖ), einen „Todesstoß“ (Presseclub Concordia) ist breit. „Die Bundesregierung trägt die älteste Tageszeitung der Welt zu Grabe“ (GPA) und es ist „überaus bedauerlich, dass keine andere Lösung, wie etwa eine Privatisierung der Traditionsmarke, gefunden werden konnte“ (VÖZ). Denn die Republik bleibt Eigentümerin des Blattes und soll künftig 15 Millionen Euro (drei Viertel des bisherigen Budgets) für seine Leistungen zahlen – unter anderem die Journalistenausbildung.

Der Protest gegen diese Verstaatlichung der Qualifizierung eines Berufs – zur Kontrolle der Staatsgewalten – ist so nachvollziehbar wie das Bedauern, dass ein Medienunternehmen direkt dem Kanzler unterstellt bleiben soll. Das Zetern gegen die Reduktion der Papierausgaben verrät jedoch ökonomische Ignoranz: Laut Raab hat die „Wiener Zeitung“, die sich seit Jahrzehnten allen anerkannten Medienmarktforschungen entzieht, nur 8000 Leser. Abgesehen davon, dass viele akut Empörte nicht dazu zählen, reicht das nicht für ein tägliches Papiergeschäftsmodell.

Sogar das kleinste regelmäßig geprüfte Tagblatt, die hoch geförderte Vorarlberger „Neue“ hat viermal mehr Publikum. Zudem ist der Preis für Papier innerhalb eines Jahres um mehr als 200 Prozent gestiegen. Quer durch Europa hegen selbst renommierteste Zeitungshäuser Überlegungen, werktags bald bloß online und nur am Wochenende gedruckt zu erscheinen. Eine solche Variante steht auch der „Wiener Zeitung“ offen – falls sie es sich betriebswirtschaftlich leisten kann.