Es ist zu früh für eine Endabrechnung der Sommergespräche, auch wenn der Wahlherbst schon die politische Fernsehregentschaft übernimmt. Der ORF prescht vor: Für „Im Zentrum Spezial“ diskutieren am Sonntag alle Präsidentschaftskandidaten außer dem Titelverteidiger. Genau so hält es dann eine Woche vor der Abstimmung ServusTV, das keine Sommergespräche angeboten, aber seine Talks früher aus der Hitzepause geholt hat.
Puls 4 hingegen, Frühstarter mit Interviews zur Urlaubssaison, versammelt die sechs Herausforderer erst am 5. Oktober zum langen Abend der Duelle. Dies sind aber jeweils nur die Sahnehäubchen der intensiven TV-Berichterstattung zu einer Wahl, deren Ergebnis schon fix wirkt.

Dass trotz solch fliegender Fernsehwechsel des Politikpersonals die aktuellen Publikumszahlen der ORF-Sommergespräche noch nicht final bilanziert werden können, liegt an der Technik. Die am Morgen danach veröffentlichten Reichweiten und Marktanteile sind keine endgültigen Werte. Sie werden erst zehn Tage später bekannt. Es fehlen also weiterhin die Daten für Kanzler Karl Nehammer. Die kommen erst Mitte nächster Woche – wenn niemand sich mehr dafür interessiert.

Das führt einerseits dazu, dass in den Jahresbilanzen der Sommergespräche ausgerechnet die letzten zwei mit den Chefs der beiden stärksten Parteien fast durchwegs falsch in den digitalen Archiven lagern. Denn es gibt nahezu nie Artikel über die korrigierten Daten. Das verführt andererseits dazu, diese Effekte wider besseres Wissen zu nutzen. Die FPÖ verkündete 2021 Herbert Kickl voreilig als Quotensieger. In der Endabrechnung lag aber der damalige ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz voran.
Auf Basis der nicht endgültigen Daten war heuer allerdings Karl Nehammer der Einzige, nach dem die „ZIB 2“ weniger Publikum hatte als davor der Talk. In Folge von Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger war es um 19 Prozent angestiegen. Doch sie hatte am wenigsten Zuseher für die Einstimmung durch „Liebesg’schichten und Heiratssachen“.

Der grüne Vizekanzler Werner Kogler verbuchte hingegen mit 23 Prozent die höchste Wegschaltquote nach der Kuppler-Show. Spannend wird das Endresultat von Karl Nehammer aber vor allem im Vergleich zum Abend mit SPÖ-Vorsitzender Pamela Rendi-Wagner, die vorerst voran liegt. Wenn jemand das in ein paar Jahren recherchiert, wird in den Archiven kaum ein Hinweis sein, woran das auch gelegen haben könnte – am Höhepunkt der Wien-Energie-Affäre.