Hätte Österreich im zweiten Halbfinale bessere Chancen gehabt? Nein. Der ORF muss für 2023 einen "gewachsenen" Act finden, und keine junge Sängerin verheizen, die noch nie vor große Publikum, sondern nur bei Schulveranstaltungen gesungen hat. Große, sichere, unverwechselbare Interpreten und Interpretinnen sangen sich in Turin weiter. Wenn das Lied einer 1-a-Künstlerin nicht steht (Malta), bleibt freilich auch eine tolle Sängerin auf der Strecke. ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz hatte die ESC-Vorbereitungen von ihrer Vorgängerin Kathrin Zechner übernommen, ließ sich dann aber zu sehr vom "Teenager-Bonus" einer unerfahrenen 18-Jährigen leiten.
Der Einzug von Tschechien ins Finale beweist: Elektro-Klubnummern kommen weiter, wenn sie authentisch wirken. Am 14. Mai sehen wir wieder: Aserbaidschan mit Nadir Rustamli ("Fade to Black"), galt als Wackelkandidat. Australien mit Sheldon Riley ("Not the Same"), war ebenfalls keine sichere Bank. Belgien zog mit Jérémie Makiese ("Miss You") als Überraschung ins Finale ein. Estland mit Stefan und "Hope", war als großer Kompromiss von Televoting und Fachjury hingegen sicher im Finale.
Finnland mit The Rasmus und "Jezebel"; der alte Ruhm hat gewirkt.
Polen mit Ochman und "River": hätte 2019 nicht Duncan Laurence für die Niederlande gewonnen ... der Pole singt sogar noch besser ... Rumänien mit WRS ("Llámame"): hinteres Drittel. Schweden mit Cornelia Jakobs ("Hold Me Closer"); Das berührt, ist sowieso eine der besten Pop-Kompositionen in diesem Jahrgang; es wird auf den Moment und seine Magie ankommen.
Das zu sein, was man ist, war im zweiten Halbfinale ebenso wenig gefragt, intonierte zumindest Israels flamboyanter Michael Ben David sein "I.M." (vulgo I am) ebenso das letzte Mal in Turin wie Maltas schöne Interpretin Emma Muscat, der man "I Am What I Am" nicht abnahm.
Serbien mit Konstrakta ("In corpore sano"): außergewöhnlich und zu klug für den Sieg, aber sicherlich in den Top 7. Konstrakta ist eine serbische Sängerin und Songwriterin, die mit bürgerlichem Namen Ana Đurić heißt. Sie bringt minimalistischen Avantgarde in den ESC. Tschechien mit We Are Domi und "Lights Off" kam also weiter. Das Pedant zu Österreich in Turin, aber in sich gewachsen. Keine für den ESC "gebastelte" Formation, das Risiko hat sich für die Tschechen gelohnt.
Ausgeschieden im zweiten Halbfinale sind Georgien (Circus Mircus); Irland (Brooke); Israel (Michael B. David); Malta (Emma Muscat); Nordmazedonien (Andrea Circles); Montenegro (Vladana); Achille Lauro Stripper (San Marino); Zypern (Ela).
"Mr. Song Contest proudly presents": Teil 3 am 14. Mai um 20.15 Uhr in ORF mit Gästen wie Arabella Kiesbauer, Julian Le Play, Tamara Mascara, Waterloo & ESC-Experten wie Eberhard Forcher, Stefan Weinberger & Christian Ude.