Seine Stimme war ebenso unverkennbar wie sein Stil. Souverän moderierte Günther Ziesel, der in der Nacht auf den 12. Mai 80-jährig verstarb, Politsendungen und Unterhaltungsshows, darunter die „ZiB“, die „Pressestunde“ und den Opernball, gestaltete Radioessays wie seine langjährig ausgestrahlten „Gedanken zur Zeit“ und Sendereihen wie das legendäre „Alpen-Donau-Adria-Magazin“, dessen Mitschöpfer er war und das er prägte wie kein anderer. Erst für den ORF, dann für den Bayerischen Rundfunk betreute er das Format bis 2021 und kooperierte darin mit öffentlich-rechtlichen Sendern vom Alpenraum bis nach Pannonien. So erreichte er in Österreich, Bayern, Italien, Kroatien, Slowenien, Ungarn und der Schweiz ein Millionenpublikum. Man kann das Magazin also auch durchaus als kennzeichnend für seine Karriere sehen: Geboren aus dem „Trigon“-Gedanken, war „Alpen-Donau-Adria“ erst eine Radiosendung, dann eine TV-Sendung von wachsender Größe, Reichweite und Bedeutung, mit dem Ziesel einem großzügigen Heimatbegriff weltmännisches Format verlieh.
Auch jenseits solcher medienpolitischer Großtaten war der 1941 geborene Grazer als Rundfunkmacher ein Journalist der alten Schule: selbstbewusst, souverän, mit klarer Haltung – deklariert bürgerlich und dem Glauben verbunden. Seine Laufbahn fiel in die Zeit des ORF-Monopols und war für diese wohl nicht untypisch. Noch vor seiner Promotion zum Doktor der Rechtswissenschaften begann er anno 1960 als Mitarbeiter im ORF-Landesstudio Steiermark, stieg bald zum Chefredakteur, dann zum Landesintendanten auf – ein Amt, das er von 1990 bis 1994 bekleidete. Bundesweit wurde er in den Siebzigerjahren erst als Moderator der Unterhaltungsshow „Tip“, dann als ZiB2-Sprecher bekannt. Lange Jahre zählte er zu den bekanntesten Gesichtern und Stimmen des heimischen Rundfunks. Seine „Gedanken zur Zeit“ gab es nicht nur im Radio und in Buchform, lange Jahre unterhielt und informierte er auch die Leserinnen und Leser der Kleinen Zeitung in seiner gleichnamigen Kolumne.
Kompromisslos für Qualität
Im steirischen ORF gilt er bis heute als legendärer Chef, der im persönlichen Umgang Distanz zu wahren wusste und in seinen Qualitätsansprüchen keine Kompromisse einging: Er legte großen Wert auf Sprachkultur, der legere Umgangston war seine Sache nicht. Das merkten auch die vielen Rundfunkjournalistinnen und -journalisten, die durch seine Schule gingen: Dass jemand gut plaudern konnte, reichte ihm nie. Von allen, die mit dem Mikro in der Hand oder vor sich auf dem Tisch Karriere machen wollten, verlangte er journalistische Kompetenz und Sprachgefühl.
Dass Ziesel sich nicht nur als Journalist, sondern auch als Humanist bewährte, ist vielleicht weniger bekannt: Er engagierte sich an der Seite seines langjährigen Freundes Arnold Schwarzenegger im Vorstand der Special Olympics und in der Stiftung „Menschen für Menschen“ von Karlheinz Böhm. In seinem kulturellen Engagement widmete er sich unter anderem der Steirischen Gesellschaft der Musikfreunde und in der Accademia Belcanto − Akademie des schönen Gesanges. Auch dafür wurde ihm erst diesen April das Große Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark mit dem Stern verliehen.
Ute Baumhackl