Es war am 17. Mai 2019. Ein Schlüsseltag in der Innenpolitik der Zweiten Republik. Ein von der „Süddeutschen“ veröffentlichtes Video zeigt FPÖ-Parteiobmann Heinz-Christian Strache und den Wiener FPÖ-Chef Johann Gudenus in einer Finca in Ibiza. Zwischen Red Bull und Wodka, Schmuddelleibchen und erotischer Aufladung sprechen die Politiker mit einer vermeintlichen russischen Oligarchennichte über Spendenmillionen, den Verkauf der „Kronen Zeitung“, Wasserverkäufe, Bauaufträge und politischen Einfluss. Das Video ist eine politische Bombe: Es folgen Rücktritte, das Aus für die türkis-blaue Regierung, U-Ausschüsse und das Ende der politischen Karriere des Langzeit-FPÖ-Chefs Strache.
Drei Jahre später wird die politische Dimension der Ereignisse schrittweise von Folklore verdrängt, der Stoff wurde verfilmt, der Schaden an der Glaubwürdigkeit des demokratischen Gerüsts gerät aus dem Fokus. Für den Jahrestag der Veröffentlichung des Videos lud Puls 24 nun Heinz-Christian Strache zum Interview in die Ibiza-Finca. „Wir haben die zwei Hauptprotagonisten, die am meisten durch Ibiza verloren, vor die Kamera gebeten“, erklärt Puls-24-Chefredakteur Stefan Kaltenbrunner mit Verweis auf Ibiza-Detektiv Julian Hessenthaler, den er im Gefängnis für ein Interview traf.
Eine Gage für Strache, der sich im Vorjahr mit einem Spendenaufruf an die Öffentlichkeit gewandt hatte, um seine Anwaltskosten zu finanzieren, soll nicht geflossen sein, betont Puls 24. Nur Flug und Hotel wurden bezahlt, in zwei Tagen war der Dreh abgeschlossen. Sie sei sehr überrascht gewesen, dass Strache bei dem Projekt mitgemacht hat, erzählt Corinna Milborn, die den Ex-Politiker in der berühmten Finca traf.
Eine Rehabilitierung des ehemaligen Vizekanzlers will die Puls-Infochefin ebenso nicht erkennen wie eine „False Balance“, die zu entstehen droht, wo Strache seine Sicht auf die Ereignisse lang und breit (aber nicht unwidersprochen) darlegen kann. „Ich halte unsere Zuseher für intelligent genug, sich ihre eigene Meinung bilden zu können“, kann Milborn mit dem Vorwurf wenig anfangen.
Diese Meinung bilden können sich die Zuschauer am Dienstabend auf Puls 24, im Anschluss folgen eine Diskussionsrunde und ein Gespräch zwischen Strache und Gudenus – das erste öffentliche Aufeinandertreffen der beiden seit Veröffentlichung des Ibiza-Videos. Zu besprechen gibt es vieles, zusätzlichen Stoff bietet das neue Puls-Interview.
Auch bei Gudenus, der im Ibiza-Video u. a. gestenreich darstellte, wer Millionenbeträge an die Parteien überweisen soll, war es die Puls-Gruppe, die ihn wieder ins Studio holte: Einerseits, um mit „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk über Hessenthaler zu diskutieren, andererseits wurde er zu Kriegsbeginn als Russland-Experte zu „Pro und Contra“ eingeladen.
Teaser auf die Sendung zeigen den früheren FPÖ-Parteiobmann optisch verändert mit Hoodie, locker und noch immer hadernd mit der Videofalle auf den Balearen. Strache, ein Mann, der im Gespräch bleiben und endlich wieder respektiert werden will. Und der schon vor zwei Jahren erkannt haben will, was am Ibiza-Video eigentlich irritierte: „Mein Leiberl war das peinlichste Stück auf der Insel.“
Der nächste Tiefschlag droht dem Ex-Politiker im Juni, wenn der nächste Prozesstermin wartet: Strache muss sich wegen Bestechlichkeit erneut vor Gericht verantworten. Mit Ibiza hat dieser Prozess ausnahmsweise nichts zu tun.