Der Leiter des grünen "Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat, Lothar Lockl, wird als nächster Stiftungsratsvorsitzender kolportiert. Das im "Sideletter" der türkis-grünen Bundesregierung festgehaltene Vorschlagsrecht der Grünen für den Vorsitz im obersten ORF-Gremium befeuerte die Vermutung. Gegenüber den "Salzburger Nachrichten" (Donnerstagausgabe) sagte Lockl, dass noch nicht entschieden sei, ob er zur Wahl stehe.
Auch sei das zentrale ORF-Direktorenteam "nicht nach Parteinähe" besetzt worden, so Lockl. In dem am vergangenen Wochenende aufgetauchten Dokument der Regierung werden die ORF-Direktoriumsposten im Verhältnis drei ÖVP - inklusive Generaldirektor - versus zwei Grüne aufgeteilt. Dabei sollten "die bestqualifizierten Persönlichkeiten entsprechend den Kriterien des ORF-Gesetzes" zum Zug kommen, wie es in dem Papier heißt. Die "Freundeskreise" von ÖVP und Grünen sollten eine Personalsuche starten und die dabei gefundenen Personen zur Bewerbung ermuntert werden.
"Nicht nach Parteinähe besetzt"
Unbestritten sei es für Lockl, dass das neu gewählte ORF-Direktorenteam unter Roland Weißmann "nicht nach Parteinähe" besetzt wurde. Schließlich stünden keine Namen in dem Papier, Weißmann habe also wohl selbst entscheiden können, wen er in sein Team nimmt.
Zum vereinbarten Vorschlagsrecht der Grünen für den Stiftungsratsvorsitzenden - die Wahl findet heuer statt - betonte Lockl, dass die Entscheidung im Stiftungsrat getroffen werde. Ob er Wunschkandidat der Regierung sei? "In dem nun bekannt gewordenen Sideletter ist kein Name enthalten", so der frühere grüne Bundesparteisekretär.
"Vereinbarungen öffentlich machen"
Den gesetzlichen Vorgaben entspricht, dass die Politik die Entscheidung über die Zusammensetzung des Stiftungsrats trifft. So entsendet die Bundesregierung neun Stiftungsräte. Wie bekannt wurde, sind fünf davon für die ÖVP vorgesehen. Zwei weitere "unabhängige" Stiftungsräte werden auf Vorschlag der ÖVP entsandt. Die Grünen dürfen über die restlichen zwei Stiftungsräte entscheiden. Lockl plädiert dafür, "dass derartige Vereinbarungen öffentlich gemacht werden".
Der 53-Jährige befürchtet angesichts der aktuellen Debatte, dass sich künftig schwer Personen finden werden, die sich "de facto ehrenamtlich" als Stiftungsrat betätigen. "Man wird dann gleich als Parteibüttel dargestellt - und jede redliche Absicht in Abrede gestellt", so Lockl.