Eine Schonfrist ist dem Neuen am Küniglberg nicht gegönnt. Dafür sorgt intern Kritik der Redakteure nach der Verschiebung des Magazins „Konkret“ zur ORF 2 Info. Auch die für Juni anstehende Besiedelung des multimedialen Newsrooms ist eine Mammutaufgabe für den Tanker ORF, der die organisatorischen Abläufe auf den Kopf stellt. Damit gehe ein Kulturwandel einher, so Roland Weißmann, der betont, dass die Multimedialität nicht zu Einheitsbrei führe: Binnenpluralismus bleibe erhalten.
Extern muss der Generaldirektor zeigen, dass er für nachgefragtes Programm steht. Was er diesbezüglich für 2022 plant, stellte Weißmann gestern vor Medienjournalisten vor. Schon in Arbeit ist etwa der Nachfolger der „Vorstadtweiber“: Auch hinter „Biester“ steht Erfolgsautor Ulli Brée. Kommen werden 2022 die achtteilige Serie „Tage, die es nicht gab“ mit Franziska Weisz und neue Episoden von „Vienna Blood“. Für Weihnachten ist ein dreiteiliges Wiedererwecken der „MA 2412“ geplant (Regie Harald Sicheritz), schon im März geht „Starmania“ mit einer neuen Jury weiter. Dazu soll monatlich eine „Universum“-Eigenproduktionen ermöglich werden. Am 1. Februar startet, sehr zur Freude des gebürtigen Linzers Weißmann, die Soko „Linz“. Ein Großprojekt nimmt heuer ORF III in Angriff: 40 Folgen á 45 Minuten arbeiten die österreichische Geschichte auf. Gelingen soll das alles unter Spardruck: 200 Millionen Euro will der ORF bis 2027 einsparen.
Von den Olympischen Spielen sollen die Sender täglich bis zu 31 Stunden übertragen. Covidbedingt reist ein vergleichsweise kleiner ORF-Tross nach China, das spare Geld, betont der ehemalige stellvertretende Finanzdirektor. Die Zuschauer sollen davon allerdings nicht merken, betont er. Ob die Fußball-Weltmeisterschaft vorerst die letzte sein wird, für die sich der ORF die Übertragungsrechte leisten kann? Diese Frage lässt der Generaldirektor offen. Eine Möglichkeit seien neue Kooperationen mit der Konkurrenz, wie es 2021 erfolgreich mit ServusTV in der Formel 1 funktionierte: "Bevor wir etwas gar nicht haben, teilen wir es lieber."
Programmlich würden derzeit alle Sendeflächen evaluiert, so Weißmann. Überarbeitet wird etwa der Vorabend von ORF 1, Details sollen im April folgen. Für das ORF 1-Channelmanagement, derzeit interimistisch geleitet von Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz, werde noch eine passende Besetzung gesucht. Offen ließ Weißmann, welche Änderungen bei FM 4 anstehen: „FM 4 noch relevanter zu machen, ist mein Ziel“. In seiner Bewerbung hatte Weißmann attestiert, der Jugendsender sei „in der erreichten Zielgruppe zu spitz positioniert“.
Vorsichtig optimistisch ist er in Bezug auf die Digitalnovelle, von der man sich online mehr Bewegungsspielraum erhofft. Der ORF dürfe im europäischen Vergleich kein Stiefkind sein, fordert Weißmann: „Er soll dürfen, was auch ARD, ZDF, SRF oder BBC dürfen."