Was wurde eigentlich aus der vermeintlichen Dualität Kino versus Streaming, die noch 2020 eifrig diskutiert wurde? 2021 sorgte für eine Konsolidierung. Wer meinte, das Kino stirbt, wurde mit erfolgreichen Blockbustern wie "James Bond" oder aktuell "Spider-Man" eines Besseren belehrt. Was Streaming mittlerweile liefern kann, beweist "Don't look up" von Netflix (das Mitte Dezember auch im Kino anlief): Eine fast schon kurios glamourös besetztes Starensemble, ein Thema am Puls der Zeit und eine weltweite Resonanz, die einen Hinweis darauf gibt, wo aktuell die Post abgeht.

Worum geht es? Eine junge verpeilte Astronomin (Jennifer Lawrence) entdeckt durch Zufall einen Kometen, der als "Planet-Killer" bezeichnet wird: Mit knapp zehn Kilometern Durchmesser hat er das Potenzial, das Leben auf der Erde weitgehend auszulöschen. Gemeinsam mit ihrem Vorgesetzten, Dr. Mindy (Leonardo DiCaprio), versucht sie diese Nachricht in die Welt und die Politik zu bringen. Auf dem Weg begegnen ihnen zynische, egozentrische, verlogene und also nur allzu bekannte Protagonisten des öffentlichen Lebens, die hier ihr überzeichnetes Ebenbild wiederfinden.



Der Rundumschlag trifft alle: Eine Präsidentin (Meryl Streep), die in Anbetracht des drohenden Weltuntergangs nur an ihre Politikkarriere denkt, die TV-Medien, die daran scheitern, im Showbiz den Tiefgang zu finden, und nicht zuletzt die Bevölkerung, die wie ein dummes Schaf dem Hirtenhund folgt, der lauthals "Don't look up" (Sieh nicht hinauf) bellt. Dazu ist die On-Off-Beziehung des aktuell größten Stars der Musikszene (selbstironisch: Ariana Grande) oder die Causa um einen Politiker mit Softporn-Vergangenheit weit interessanter. Und die reiche Elite? Wird repräsentiert durch einen charismatischen Silicon-Valley-Mogul, der sogar die Macht hat, eine Weltenrettung abzusagen, wenn es dem Profit dient. Die Assoziationen, die dieser Film in Gang setzt, reichen vom Klimawandel bis zu Corona, von Donald Trump bis Elan Musk: "Denn wer sich retten tut, der hat zum Untergang kan Mut" (Falco).

Und weil Satire alles darf, darf der polarisierende Film auch die Pfade des Faktischen verlassen. Wer die Handlung auf ihre Wissenschaftlichkeit abklopft, hört schnell die hohlen Stellen. Wer den Film hingegen auf seine Relevanz überprüft, der hört die enorme Resonanz für die er sorgt.

Ein Tipp: Den Film bis zum Ende ansehen, inklusive Abspann.