Er sei "lange Zeit ein schlecht ausgerüsteter, miserabler Skifahrer gewesen" und auch für das Klettern habe er zunächst kein Interesse aufgebracht, erzählt Sepp Forcher zu Beginn seines Buches. Bergblumen hätten ihn mehr interessiert als die Berge auf denen sie wuchsen, Edelweiß statt Gipfelkreuz.
Die Einleitung seines neuen Buches überrascht, ist aber schnell vergessen, wenn der 90-Jährige ausgehend vom Tennengebirge erzählt, wo seine Eltern die Söldenhütte (heute Heinrich-Hackel-Hütte) bewirtschafteten, wie er zum Bergnarren wurde. "Die Berge meines Lebens" ist folgerichtig der Titel dieser Biografie, die in Gipfel geordnet ist, geschrieben von einem Mann, der mit sechseinhalb Klassen Volksschule und ohne Berufsausbildung ins Erwachsenenleben startete. "Was wäre aus meinem Leben ohne Berge geworden?" Eine Frage, auf die Forchers Buch keine Antwort gibt.
Die Stimme des ehemaligen Trägers, Hüttenwirts und Moderators von "Klingendes Österreich" spricht durch jede Zeile des Buches, was den Leser zum Lauschenden von Anekdoten macht, die unmittelbar in die Vergangenheit führen.
Die Geschichten erinnern daran, dass der Begriff Abenteuer einmal eine andere Bedeutung hatte als heute. Schnell war man vom Bergabenteuer im Existenziellen angekommen. Im Buch erinnert sich Forcher, wie er den Leichnam eines 19-jährigen abgestürzten Bergkameraden fand und bei ihm stundenlang verweilte, bis der Bergungstrupp eintraf. Pionierleistung und Unglück als zwei Seiten derselben Medaille. Ein nostalgischer Grundton kann in dieser Art von Rückblenden nicht fehlen, das Weinerliche liegt Forcher jedoch fern, wie eine Bemerkung über die Eisroute an der Nordwestwand des Wiesbachhorns zeigt, die er als knapp 20-Jähriger erklomm. Heute ist die Wand eisfrei: "Der kleine Mensch ist deswegen nicht traurig. In seiner Erinnerung glänzt immer noch das steile Eis."
Vieles was Forcher in diesem Buch zu erzählen hat, beeindruckt – so trug er täglich 60 Kilo auf die Oberwalderhütte – anderes berührt: Eines Tages fand er im Gletschereis einen goldenen Ring, den verschenkte er an seine Freunde, die daraus zwei Ringe machten und diese an Forcher zurückgaben: "Die Eheringe für Helli und mich. Wir tragen sie heute noch."
Sepp Forcher. Die Berge meines Lebens, Brandstätter,22 Euro.