Über das Alter soll man ja keine Witze machen, aber für MTV ist das Klischee rund um das alt werden, eigentlich ganz passend: 40 Jahre wird der legendäre Musiksender am Sonntag und die besten Zeiten sind definitiv vorbei. Es ist das Schicksal der Hypemaschinen, die irgendwann von Überholspur auf die Normalfahrbahn wechseln und den Anschluss verlieren, weil sie von der fortschreitenden Technologie mit atemberaubender Geschwindigkeit überholt werden. Doch am 1. August 1981 war davon weit und breit nichts zu sehen, man schrieb Weltgeschichte und war breitschultrig genug, um das auch so zu kommunizieren: Also musste Neil Armstrong als Testimonial herhalten, der neben einer Fahne mit MTV-Logo im Mondstaub steht. Gestartet wurde stilecht mit „Video Killed The Radio Star“ von den Buggles.
Jene „Maschine“, die viele Jahre später MTV ins Ausgedinge schicken wird, die war damals noch gar nicht erfunden: Erst 1989 schuf Tim Berners-Lee das WWW. Die Welt von damals war eine mit Vierteltelefon, VHS-Kassetten, Starschnitten in Jugendmagazinen und Live-Auftritten. Sehr dramatisch formuliert: Die Jugend von damals war so weit von ihren Stars entfernt wie die Erde vom Mond – bis Michael Nesmith, der ehemalige Sänger der „Monkees“, die zündende Idee hatte: Warum also nicht selbst inszenieren und bestimmen, wie man bei den Fans rüberkommen will? Der Verbreitungskanal in den USA war mit den damals gerade boomenden Kabelkanälen schnell gefunden.
Die Rakete war nicht aufzuhalten
Der Beginn war gelinde gesagt limitiert: 170 Video-Kassetten umfasste damals das MTV-Regal und davon waren angeblich nicht wenige von Rod Stewart. Doch die Rakete war nicht mehr aufzuhalten. Die Welt der Stars kam einerseits ins Wohnzimmer und war andererseits das Sprungbrett für Weltkarrieren. Das Musikvideo war das Werkzeug der Stunde: Von Michael Jackson – „Thriller“ war das erfolgreichste Video auf dem Sender überhaupt, über Madonna bis hin zu R.E.M – MTV war ein Karrierebooster und das nicht nur für Musiker. Die Moderatoren, auch Videojockeys (VJs) genannt, wurden nicht selten selbst zu Stars. Das Konzept lief so gut, dass kräftig exportiert wurde: In Europa startet MTV 1987. Legendär auch die Übertragung des Live-Aid-Konzertes 1985 aus London, bei dem Weltstars sich für den Kampf gegen Hunger in Äthiopien engagierten.
Über die Jahre wurden die Musikvideos immer mehr zurückgedrängt, Filme und Serien, darunter „Beavis and Butt-Head“, füllten die Sendezeit und MTV musste runter von der Überholspur. Das Wort „Music Television“ wurde schon 2010 aus dem Logo gestrichen. 40 Jahre später ist der Sender einer von vielen Bezahlkanälen, aber seine ursprüngliche Währung, das Musikvideo, hat in der Zwischenzeit seinen zweiten Frühling erlebt – nur nicht mehr am Fernseher, sondern zunächst am Computer und dann am Smartphone. Dank Internet und YouTube ist das Video als Kommunikationsmittel unschlagbar. Längst verfügen Musikerinnen und Musiker dank Social Media über ihre eigenen Videokanäle. Nur mit einem kann MTV immer noch auftrumpfen: die Award-Shows, Garanten für den Staraufmarsch. Im September in New York soll es so weit sein. Ach ja, das Radio ist noch immer quietschfidel, was man von MTV nicht behaupten kann.