Viele dürften es nicht gesehen haben, denn LisaTotzauer hat 158 Followerinnen und Follower auf Twitter. Dennoch gab sie dort nun bekannt, bei der Wahl zur ORF-Generaldirektorin anzutreten. Heute Nachmittag postete die 50-Jährige: "Ich darf euch meine Bewerbung als ORF Generaldirektorin bekannt geben."
Sie gilt damit als erste Gegenkandidatin zu ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, der erneut - zum vierten Mal - antritt und sich als Erster aus der Deckung gewagt hatte. Ihrem Posting heftete sie ein Video an. Darin sagt die aktuelle ORF-1-Channelmanagerin, dass sie bereits seit rund 25 Jahren im ORF tätig sei: "Ich bin quasi ein Produkt des ORF." Sie habe als Reporterin angefangen und wisse daher, was es brauche: "Einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit unabhängigen Journalistinnen und Journalisten, auf die Sie sich verlassen können." Der ORF müsse ein Medium sein, "das für alle da ist".
Und weiter heißt es darin, dass der digitale Wandel sich im Programm widerspiegeln solle. "Ich möchte diese digitale Transformation gemeinsam mit dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ORF für Sie umsetzen", heißt es. Sie fühle sich ausschließlich dem Publikum und der Unabhängigkeit des ORF verpflichtet. Ein neuer Fokus auf jüngeres Publikum und zeitgemäße Ausspielkanäle stellt Totzauer in den Vordergrund: "Damit auch unsere Kinder noch Programme made in Austria schätzen können, egal auf welchem Ausspielkanal."
Die Ausschreibung endet am 28. Juli, noch bis 3. August haben die Stiftungsräte die Möglichkeit, weitere Bewerber nachzunomonieren. Diese Möglichkeit hatte bereits dem aktuellen Generaldirektor zu seiner ersten Bestellung verholfen. Die Zahl möglicher weiterer Bewerber und Bewerberinnen ist groß. Konstant im Gespräch bleibt der aktuelle Vizefinanzdirektor des ORF, RolandWeißman, der an Treffen des türkisen Freundeskreises teilgenommen haben soll. Neu im Gespräch ist ReinhardScolik, derzeit Programmdirektor Kultur des Bayerischen Rundfunks. Er wir als ein heißer Tipp für den künftigen Generaldirektor gehandelt und soll für die ÖVP ein tauglicher Kandidat sein - was letztlich eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Wahl am 10. August ist, wenn die 35 Stiftungsräte den nächsten ORF-Chef bestimmen. Auch Totzauer gilt als eine, die dem bürgerlichen Lager zuzurechnen ist.
Totzauers Chancen
Der steirische Stiftungsrat KlausPoier begrüßt das Ansinnen Totzauers, Generaldirektorin zu werden: "Es ist sehr erfreulich, wenn sich viele Leute diese Position bewerben." Je mehr gute Bewerbungen, desto besser. Als Channelmanagerin von ORF 1 habe sie "eine sehr schwierige Aufgabe gehabt" bezieht sich Poier auf die Herausforderung, mit der diese seit 2018 konfrontiert wurde. Den erhofften Durchbruch konnte nicht erzielen, der kriselnde Sender leidet unter hohem Quotendruck, dem mangelnden Zugriff auf das junge Publikum und einer Senderidentität, die weniger manifest ist als jene des Schwesternsenders ORF 2.
Bei der Frage nach den Chancen Totzauers winkt der Poier ab. Es sei zu früh, noch kenne man weder die weitere Bewerber, noch Totzauers Bewerbung, so der Politikwissenschaftler. Derzeit gelte es für die Stiftungsräte "zu warten, welche Bewerbungen jetzt kommen werden." Die Chancen stehen gut, dass demnächst weitere Bewerbungen eintreffen. Die Chancen von Wrabetz dürften mit Totzauers Bewerbung eher gefallen sein.
Über Lisa Totzauer
Totzauer, 1970 in Wien geboren, ist Magistra der Vergleichenden Literaturwissenschaft. Ihre ORF-Karriere begann sie 1997 im Aktuellen Dienst des Landesstudios Niederösterreich, 1999 wechselte sie in die "Zeit im Bild"-Redaktion, zunächst als Redakteurin, später als Sendungsverantwortliche. 2013 lotste sie Programmdirektorin KathrinZechner näher ans Zentrum der ORF-Macht und Totzauer wurde Infochefin von ORF 1. Fünf Jahre später wurde die Wienerin im Rahmen der Umstrukturierung zur Channelmanagerin von ORF 1 und war seitdem für viele die anzunehmende Thronfolgerin von Wrabetz.