Der Presserat hat die Nachrichtenseite oe24.at für die Veröffentlichung eines Video einer brutalen Schlägerei gerügt. Der Videobeitrag "Mann zieht bei Auseinandersetzung Waffe - und bereut es sofort" vom 27. Jänner dieses Jahres zeigt, wie ein Mann in Südamerika von mehreren Tätern bewusstlos geprügelt wird. Die Veröffentlichung verletzt laut dem Selbstkontrollorgan die Punkte 5 (Persönlichkeitsschutz) und 6 (Intimsphäre) des Ehrenkodex für die österreichische Presse.
Das zweiminütige Video zeigt zunächst eine verbale Auseinandersetzung, im Zuge derer einer der Beteiligten eine Waffe zieht. Daraufhin wird er von hinten zu Boden gerissen und von mehreren Männern bewusstlos geschlagen und getreten. Der Beitrag erschien auf oe24.at/video in der Rubrik "International" und wurde von der Redaktion mit "Ouch" kommentiert.
Mehrere Personen wandten sich aufgrund medienethischer Bedenken an den Presserat. Die Medieninhaberin nahm an dem in der Folge eingeleiteten Verfahren teil. In einer mündlichen Verhandlung brachte ein Rechtsanwalt unter anderem vor, dass die Seite oe24.at/video nicht oe24.at zuzurechnen sei, da sie unterschiedliche Medieninhaberinnen aufweisen. Der Senat 3 des Presserats kam jedoch zu der Ansicht, dass sich oe24.at die auf oe24.at/video gezeigten Inhalte aus ethischer Sicht zurechnen lassen muss. Schließlich würden die Videos regelmäßig übernommen, die Unterseite mit der Hauptseite verknüpft und die beiden Medien redaktionell eng miteinander verbunden sein.
Die Veröffentlichung des Videos diene laut Presserat vor allem der Befriedigung des Voyeurismus und der Sensationsinteressen gewisser Userinnen und User. Dafür spreche auch die zynische Kommentierung "Ouch". "Anstatt die brutale Gewalt zu verurteilen und in einen entsprechenden Kontext zu Gewalt auf der Straße oder Bandenkriminalität in Südamerika zu setzen, wird die Attacke verharmlost und ins Lächerliche gezogen", befand der Senat 3. Keine Rolle spiele, dass sich die Tat in Südamerika und nicht in Europa zugetragen hat. Dieser Aspekt trete gegenüber den Interessen des Opfers auf Schutz seiner Menschenwürde und Privatsphäre zurück.
Positiv sieht der Presserat, dass der Beitrag inzwischen nicht mehr abrufbar ist. Dennoch liege ein Verstoß gegen den Ehrenkodex vor. Das Selbstkontrollorgan fordert die "oe24 GmbH" auf, freiwillig über die Entscheidung zu berichten.