Die Concordia-Preise für außerordentliche publizistische Leistungen sind am Montag im Parlament verliehen worden. Dabei ließ vor allem DieterBornemann, Preisträger in der Kategorie Pressefreiheit für seine Funktion als Vorsitzender des ORF-Redakteursrates, mit kritischen Worten aufhorchen. Er warnte vor einer Besetzung wichtiger ORF-Führungspositionen nach "politischer Farbenlehre" und forderte eine Reform des Stiftungsrats.
Bornemann wurde der Preis für seine Bemühungen um die Unabhängigkeit des ORF verliehen. "Er verteidigt die ORF-Journalisten couragiert gegen ungerechtfertigte Angriffe von außen wie von innen und zwar ohne Rücksicht auf seine persönliche Karriere", begründete Heide Schmidt, Juryvorsitzende des vom Presseclub Concordia verliehenen Preises die getroffene Wahl. ZiB2-Anchorman Armin Wolf hielt die Laudatio für Bornemann. Dabei würdigte er seinen langjährigen Freund als unermüdlichen und unerschrockenen Kämpfer für den ORF und seine Kollegen. Mit seinem Engagement sorge er dafür, dass die ORF-Redaktionsstatute gelebt werden.
Seine "große Freude" über die Auszeichnung sei getrübt durch seinen Ärger über die heimische Medienpolitik, sagte Bornemann in seiner Dankesrede. Wirtschaftlicher Druck lasse Redaktionen ähnlich wie Gletscher schmelzen, während gleichzeitig eine "Flutwelle" an Propaganda und PR von Ministerien, Parteien und Unternehmen sie mit ihrem Spin überschwemme. Statt offener Pressekonferenzen gebe es häufig Hintergrundgespräche, zu denen sehr selektiv eingeladen werde. Bei Interviews werde man für kritische Fragen angeblafft und rasch als "Feind" angesehen, der vom Informationsfluss abgeschnitten werden müsse, bemängelte Bornemann.
"Von unabhängiger, kritischer Berichterstattung haben sich viele im Politikbetrieb offenbar schon verabschiedet", meinte er und warnte davor, dass Medien "immer mehr zum Werkzeug der Politik" mutieren. Dabei nahm er auch seinen Arbeitgeber nicht aus. Bei der kommenden ORF-Generaldirektorenwahl im August gehe es "leider nicht um die besten Ideen", sondern darum, wen "Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf dem Chefsessel haben möchte", kritisierte der Vorsitzende des ORF-Redakteursrats.
Der Stiftungsrat - derzeit kommt der bürgerliche "Freundeskreis" mit ihm nahestehenden Unabhängigen auf eine Mehrheit - bestimme nur formal. Schließlich sei ein Großteil der Räte "direkt oder indirekt Parteien zuordenbar", womit nicht anderes übrig bleibe, als sich mit der Politik zu arrangieren, um eine Mehrheit zu erlangen. Das oberste Gremium des ORF brauche eine Reform und müsse auf eine breite zivilgesellschaftliche Basis gestellt werden, forderte Bornemann.
Auch für den im kommenden Jahr in Betrieb gehenden multimedialen Newsroom am Küniglberg fand der Preisträger kritische Worte. Ziel sei mehr Pluralismus, die aber "vermutlich nicht" erreicht werde. "Es soll vor allem schneller und effizienter werden", bemängelte er. "Keine große Zukunft" für den multimedialen Newsroom sehe er, wenn die zahlreich damit einhergehenden neuen Führungspositionen nicht nach Qualifikation, sondern "nach politischer Farbenlehre" besetzt würden. "Der ORF darf nicht durch kurzfristige parteipolitische Interessen ruiniert werden, dafür ist er zu wichtig für das Land und die Demokratie in Österreich", so Bornemann. An die Politik appellierte er: "Lassen sie uns unsere Arbeit machen. Der ORF gehört den Österreicherinnen und Österreichern und nicht den Parteien."
Ausgezeichnet für Flüchtlings-Reportage
Ein "profil"-Team bestehend aus dem Außenpolitik-Ressortleiter Robert Treichler, Emran Feroz und Sayed Jalal Shajjan wurde in der Kategorie Menschenrechte für ihre Reportage "Der Mann aus Nirgendwo" ausgezeichnet. Darin wird die Geschichte des Flüchtlings Yusuf erzählt, dessen Identität und Herkunft ungeklärt sind. Die Jury würdigte den Text als "sorgfältig recherchiertes und feingezeichnetes Porträt eines Asylsuchenden, das ganz ohne Klischees auskommt und dem Protagonisten ebenso wie den Argumenten der Asylbehörde Raum gibt".
Der "profil"-Kolumnist Georg Hoffmann-Ostenhof hielt die Laudatio für Treichler. Sein nüchterner, schnörkelloser, nicht moralisierender Stil mache den Text so stark. "Wer den Text liest, versteht, dass Menschenrechte nicht an Integrationswillen gebunden sein dürfen. Sie müssen auch für den Mann aus Nirgendwo gelten", sagte Hoffmann-Ostenhof. Treichler liefere "verlässlich gut geschriebene Reportagen, die nicht Partei ergreifen". Die Schlussfolgerungen überlasse er den Lesern und Leserinnen. "Mit Treichler wird integrer, aufklärerischer Qualitätsjournalismus gewürdigt, den wir in dieser Zeit dringend brauchen", meinte der "profil"-Kolumnist.
Treichler bedankte sich ausdrücklich bei Emran Feroz und Sayed Jalal Shajjan: "Ohne die beiden wäre die Geschichte nicht möglich gewesen". Schließlich lieferten sie über Monate hinweg präzise Informationen zu Yussuf. Den Text erachtete er als Suche nach Wahrheit, "auch wenn wir am Schluss dennoch viel nicht wissen".