Belästigungsvorwürfe um den Medienmanager Wolfgang Fellner beschäftigen derzeit Gerichte und die Medienbranche. Fellner hatte 2019 seine TV-Moderatorin Raphaela Scharf fristlos entlassen, nachdem diese zuvor den Vorwurf der sexuellen Belästigung gegen ihn erhoben hatte."Die Zeit" rollte die Causa am Dienstag in einer groß angelegten Recherche online auf, am Mittwoch fand am Arbeits- und Sozialgericht eine Verhandlungsrunde im Verfahren statt. Fellner weist die Vorwürfe zurück.
Ergebnis gab es in der rechtlichen Auseinandersetzung vorerst keines, der Prozess wurde auf 13. September vertagt. Die Österreichausgabe der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" hatte am Dienstag unter Berufung auf Gerichtsakten, Gesprächsprotokolle und weitere Dokumente über die Vorwürfe berichtet und dabei die Namen der Beteiligten genannt. Zuvor hatte "Der Standard" Anfang März über eine erste Verhandlungsrunde in der Causa berichtet, aber die Namen Fellner und Scharf nicht genannt.
Scharf wehrt sich vor dem Arbeits- und Sozialgericht (ASG) gegen ihren Hinauswurf. In einem weiteren, am ASG anhängigen Verfahren hat Fellner dagegen die ehemalige oe24.TV-Moderatorin, die inzwischen für Krone-TV tätig ist, auf Unterlassung geklagt und fordert die Rücknahme der Bezichtigungen.
Laut "Zeit" wurde Scharf im Mai 2019 fristlos entlassen. Sie hatte zuvor intern über Belästigungsvorwürfe durch Fellner berichtet und sich auch an die Gleichbehandlungsanwaltschaft gewandt. Kurzfassung der Anschuldigungen: Fellner habe Scharf rund um ein Fotoshooting sexuell belästigt, sie im Abschluss mit anzüglichen Kommentaren bedacht, bedrängt und eingeschüchtert.
Der Chef der Mediengruppe Österreich wies dies am Mittwoch vor Gericht und danach im Gespräch mit der Austria Presse Agentur energisch zurück. "Es geht um den Vorwurf, ich hätte Frau Scharf bei einem Fotoshooting am Hintern begrapscht und dadurch sexuell belästigt. Ich habe heute klar ausgesagt, dass ich das nicht und auf gar keinen Fall getan habe." Laut Fellner hätten dies vor Gericht bereits drei Augenzeugen genauso bestätigt. Man habe auch alle Fotos des Shootings vorgelegt und werde noch ein Handyvideo liefern. Auf den Aufnahmen sei nirgendwo etwas von einer Belästigung zu sehen.
Fellner vermutet in Scharfs Vorwürfen eine Retourkutsche: "Ich habe heute ausgesagt, dass Frau Scharf von mir am Vorabend ultimativ eine Gehaltserhöhung und deutlich höhere Marketingpräsenz verlangt hat und ich mich erpresst gefühlt habe. Und ich habe auch noch ausgesagt, dass es mittlerweile eine Untersuchung bei uns im Haus gegeben hat, die zum Ergebnis kam, dass es niemals während meiner Berufslaufbahn eine Beschwerde wegen sexueller Belästigung gegeben hat." Einem in der "Zeit" zitierten ehemaligen Betriebsrat, der nicht mehr im Unternehmen tätig ist, warf Fellner diesbezüglich Falschaussage vor.
Eine andere Sicht der Dinge vertrat vor Gericht der Anwalt Scharfs. Michael Rami hielt dem Zeugen Fellner das Transkript einer Tonaufnahme eines Gesprächs zwischen Schaf und Fellner vor, mit dem die erhobenen Vorwürfe belegt werden sollten. Wie Rami am Mittwochnachmittag der Austria Presse Agentur sagte, wurden die Audiodatei und das Transkript dem Gericht vorgelegt. Damit habe man ausfällige Bemerkungen sowie Drohungen Fellners gegen Scharf belegt, sollte diese ihre Belästigungsvorwürfe aufrechterhalten. "Er (Fellner, Anm.) hat gestehen müssen, dass das Transkript korrekt ist und dass all seine demütigenden, erniedrigenden Aussagen genau so gefallen sind", meinte Rami gegenüber der APA. Erschwerend sei, dass sich Scharf die anzüglichen Bemerkungen vor Arbeitskollegen habe anhören müssen. "Für mich ist das der reinste Sexismus", sagte Rami.
Fellners Aussage wurde am Mittwoch noch nicht abgeschlossen, deshalb die Vertagung auf 13. September. "Die vom Gericht vorgeschlagenen Verhandlungstermine im Frühsommer konnten aufgrund von Urlauben des Zeugen Fellner und des Klagevertreters nicht vergeben werden", erklärte ASG-Mediensprecherin Susanne Pichler gegenüber der APA. Beim nächsten Mal werde gleich im größten Saal des ASG verhandelt, außerdem werde es dann angesichts des überbordenden Medieninteresses ein Akkreditierungsverfahren geben, so Pichler.
Beim Termin am Mittwoch hatten nicht sämtliche erschienenen Medienvertreter im Verhandlungssaal Platz gefunden, was zu turbulenten Szenen und Unmutsäußerungen von Journalisten führte, die keinen Einlass bekamen. Dazu hielt die Mediensprecherin fest, "dass die Gerichte die Corona-Schutzmaßnahmen nach den geltenden Justizerlässen einzuhalten haben". Deswegen komme es - je nach Größe des Gerichtssaals - zu einer beschränkten Sitzplatzzahl.
Aufgrund des unerwartet hohen öffentlichen Interesses sei der Richterin kurzfristig "der größte am heutigen Tag verfügbare Saal" zur Verfügung gestellt worden, wobei man unter Einhaltung des Sicherheitsabstandes Sitzplätze für Medienvertreter und etwaige Vertrauenspersonen freigehalten habe. Bis Dienstagnachmittag hätten zunächst lediglich zwei Medienvertreter Interesse an der Verhandlung bekundet, gab Pichler bekannt. Trotz des dann viel größeren Andrangs sei es gelungen, sechs Medienvertreter im Saal unterzubringen, "somit verlief der Prozess unter breiter Medienöffentlichkeit und es ist zu hoffen, dass eine ausgewogene Berichterstattung erfolgen wird".