Er war der König des Samstagabends: Hans-Joachim Kulenkampff empfing von 1964 bis 1987 Kandidatinnen und Kandidaten aus diversesten Ländern zu lockeren, lehrreichen und bizarren Quizspielen. „Einer wird gewinnen“ hieß die Fernsehshow, deren Erfolg heute unvorstellbar ist. Es war das Schaufenster in die Welt, vor dem sich die Generationen versammelten. Zur Hochzeit hatte man Einschaltquoten von 90 Prozent.

Mit Peter Alexander, Hans Rosenthal und Peter Frankenfeld gehörte „Kuli“ zu Unterhaltern, die man als „Showmaster“ bezeichnete. Superstars ihrer Zeit, Kulenkampff war der gewitzteste: eine Mischung aus Spitzbub und Charmeur, ein schlagfertiges, gebildetes Mannsbild, eine Vaterfigur als Kumpeltyp, aber doch Respektsperson in Anzug und Krawatte. Zu Scherzen aufgelegt und blitzgescheit.

Die düsteren Kapitel seines Lebens schienen bei „EWG“ vergessen: Als Wehrmachtssoldat in Russland amputierte Kulenkampff sich vier erfrorene Zehen, nicht das einzige traumatische Erlebnis. Er hasste den Krieg aus eigener Erfahrung inbrünstig und sprach selten davon. Die Regisseurin Regina Schilling hat 2018 in ihrem Dokumentarfilm „Kulenkampffs Schuhe“ auf diesen Teil seiner Biografie hingewiesen. Ein Film über eine verlorene Generation von Männern, die nach 1945 zu den Stützen des Wiederaufbaus wurden: Eine Generation von Kriegsopfern und – oft genug – Tätern hat Seite an Seite Mitteleuropa auf (realen und moralischen) Trümmern aufgebaut. Ein gewaltiger Verdrängungsmechanismus schob skandalöserweise nicht nur die zahllosen Verbrechen zur Seite, sondern war vielleicht notwendig, um überhaupt weiterzumachen. Eine verstörende Erkenntnis: Die Erfolgsgeschichte der Nachkriegszeit fußt auf der Verdrängung von Schuld und Trauma.

Kulenkampff war bis zu seinem Tod 1998 in seiner Wahlheimat Österreich ein Grandseigneur und Schalk, ein leichter, schwerer Mensch, ein Kind des Jahrhunderts. Heute, am 27. April, wäre es 100 geworden.