Als Jan Böhmermann im Februar seinen 40. Geburtstag feierte, titelte eine westösterreichische Tageszeitung über ihn: „Narr oder Nervensäge?“. Diese Auswahl ließ nicht nur erstaunlich wenig Spielraum, sie belegte auch das weitverbreitete Misstrauen, das die öffentliche Wahrnehmung Böhmermanns prägt. Gesehen werden seine bewusst gesetzten Provokationen (von Varoufakis-Stinkefinger bis Kinderchor), oft übersehen wird hingegen die journalistische Relevanz, die sich der Entertainer und sein Team erarbeitet haben.
Als genialer Lenker der Aufmerksamkeit setzt Böhmermann Themen, die weit über sein „ZDF Magazin Royale“ hinausstrahlen. Von Wirecard bis Dubai-Influencern, von Hohenzollern bis Coronagegner-Nepp. Hinter dem sekundenschnellen Wechsel zwischen Satire und Aufklärung steht weit mehr als das Phänomen Böhmermann. Das ist kontinuierliche, seriöse journalistische Feinarbeit mit Witz.
Mit dem Schritt, Böhmermann von der Talentschmiede ZDFneo in den Hauptsender zu holen, hat das ZDF im Vorjahr alles richtig gemacht. Überhaupt fällt auf, wie geschickt sich die Mainzer verjüngen, etwa mit Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim. So wird öffentlich-rechtliches Fernsehen Bestand haben.