Australien ist Vorreiter für ein überfälliges Kräftemessen von Staaten mit Konzernen. Im Streit um die Bezahlung von Medieninhalten hatte Facebook dort professionelle journalistische Infos verbannt. Auch Behörden waren nicht erreichbar. Das Machtspiel geriet zum Schuss ins Knie. Der Konzern gab klein bei. Er wird seine infolge von Nachrichten aus Zeitungen erzielten Werbeeinnahmen künftig mit den Verlagen teilen.
Das ist weder ein guter Moment, positiv auf GernotBlümel zu verweisen, noch ein glücklicher Zeitpunkt, an Verdienste der ÖVP-FPÖ-Partnerschaft zu erinnern. Doch der Streit in Australien gemahnt daran, dass Austria schon weiter war. Der Kampf gegen digitale Giganten wurde offener angegangen, als die Koalition noch türkisblau und Blümel Medienminister war. Damals standen im Regierungsprogramm explizit Facebook, Google, YouTube, während das aktuelle Papier die Kinder nicht beim Namen nennt. Auch die Digitalsteuer, aus der eine neue Förderung gespeist wird, ist ein Erbe der Medienpolitik vor Ibiza. Neben dieser Subventionsinnovation punkten die türkisgrünen Verbinder des Besten zweier Welten im Mediensektor bisher grundsätzlich nur mit dem Gesetzespaket gegen Hass im Netz und operativ durch die schnellen Corona-Hilfen für die in Demokratien systemrelevante Medienbranche.
Austria hätte Australien sein können. Hätte es sich 2018 im Zuge der ministeriellen Medienenquete unter Blümel ähnlich mit Google und Facebook angelegt, wäre es kaum so gut ausgestiegen wie der kleinste Kontinent. Aber der Konflikt hätte die Europäische Union mobilisiert und letztlich vielleicht heute schon ein besseres Ergebnis erzielt als „down under“, das nun als Vorbild für die EU gilt. Sie ist mit der Doppelinitiative Digital Markets Act (DMA) und Digital Services Act (DSA) spät, aber doch auf dem richtigen Weg. Da Kommission und Parlament dabei ungewohnt einig sind, kann die Umsetzung zu einem Rechtsrahmen für die 27 Staaten mit 450 Millionen Menschen schnell geschehen. Ein 18 Mal so bevölkerungsreicher Goliath wie David Australien und seine 25 Millionen Einwohner.
Das Projekt braucht trotz oder gerade wegen der Corona-Krise höchste Priorität. Digitalisierung ist der Schlüssel zum Wieder-Erstarken Europas. Das Match lautet nicht Politik kontra Wirtschaft, sondern Demokratien gegen Monopole und europäische Gesetzmäßigkeit gegen digitale Wildwest-Kolonialisierung. Österreich kann dabei noch immer Vorreiter sein – wenn es dafür in Brüssel so lästig wird, wie es dort wegen wesentlich unwichtigerer Dinge oft ist.