New York City darf wieder einmal als Projektionsfläche der Suchenden herhalten, während die Südstaaten das provinzielle Gegenstück geben. „Uncle Frank“ heißt das in den 60er- und 70er-Jahren angesiedelte Filmdrama über einen Collegeprofessor für englische Literatur, den der Tod seines Vaters nicht nur räumlich zurück in seine erzkonservative Heimat in South Carolina bringt, sondern auch emotional: Als Homosexueller durchlebt er bei seiner Rückkehr ein weiteres Mal die Ausgrenzung und Isolation seiner Jugend.
Seine Premiere feierte das Indipendent-Drama schon im Jänner beim Sundance Film Festival, seit gestern ist „Uncle Frank“ im Programm von Amazon Prime zu finden. Regie führt Oscarpreisträger Alan Ball („American Beauty“), der vor knapp 20 Jahren mit der HBO-Serie „Six Feet Under“ den Boom hochqualitativer Serien mit eingeläutet hatte und später die erfolgreiche Horrorserie „True Blood“ schrieb.
Für sein jüngstes Drama – auch hierfür schrieb er das Drehbuch – setzt Ball einerseits auf seinen Lebenspartner Peter Macdissi in der Rolle des aus Saudi-Arabien stammenden Wally, und andererseits inhaltlich auf vertraute Elemente: Eine Coming-out-Geschichte, eingebettet in eine Retro-Kulisse und ausgestattet mit einer antihomophoben Botschaft. Die Übung gelingt durch zum Mehrwert erhobene Unaufgeregtheit und Vertrauen auf eine zeitlose Geschichte, die im Schweren eine mitreißende Leichtigkeit findet.
„Du sollst der Mensch sein, der du sein willst“, rät Hauptfigur Frank (Paul Bettany) seiner Nichte Betty, die den Ratschlag wörtlich nimmt und sich künftig Beth nennt. Gespielt wird Beth von der 18-jährigen Schauspielerin Sophia Lillis. Die New Yorkerin musste kürzlich einen Rückschlag bei Prime-Konkurrent Netflix hinnehmen: Lillis aufwendige und von der Kritik gelobte Science-Fiction-Serie „I Am Not Okay With This“ wurde heuer nach nur einer Staffel abgesetzt. Netflix argumentierte, die Absetzung erfolge aufgrund coronabedingter Kostensteigerungen.