"Es ist ein absoluter Negativrekord", erklärt Presserat-Geschäftsführer Alexander Warzilek. 1500 Beschwerden gingen nach der Berichterstattung von oe24 und Kronen Zeitungen zum Wiener Terroranschlag beim Presserat ein. Denn zu keinem anderen Thema habe es in der Geschichte des Österreichischen Presserats eine derart hohe Anzahl an Beschwerden gegeben. Eine Entscheidung des zuständigen Senats 2 wird Mitte Dezember erwartet.
Der Großteil der Beschwerden bezieht sich demnach auf die Veröffentlichung von Video- und Bildmaterial, auf dem zu sehen ist, wie ein Opfer erschossen bzw. ein Polizist niedergeschossen wird. Sie betreffen die Medienhäuser von "oe24" und "Kronen Zeitung". Aber auch die Veröffentlichung von Bildern, auf denen Blutlachen am Tatort zu sehen sind, die Verbreitung von Gerüchten und falschen Informationen, die Gefährdung des laufenden Polizeieinsatzes durch rasches Hochladen von Video- und Bildmaterial, die Veröffentlichung von Bildern, auf denen flüchtende Passanten zu sehen sind sowie identifizierende Berichte und Bildveröffentlichungen vom Attentäter sowie von Polizisten wurde von Lesern beanstandet.
Alle Meldungen werden dem Senat 2 des Presserats vorgelegt. Dieser entscheidet in einer Sondersitzung am 19. November, ob bzw. in welchen Fällen ein Verfahren eingeleitet wird, hieß es in der Aussendung. "Wir rechnen dann Mitte Dezember mit einer Entscheidung", kündigte Andreas Koller, Sprecher des Senats 2, an. "Die große Anzahl der Beschwerden zu der schrecklichen Terrorattacke zeigt jedenfalls auch, wie groß das Bedürfnis nach medienethischen Standards in der Berichterstattung ist", so Koller.
Diese Berichterstattung hatte Folgen: Werbekunden wie etwa Spar und die Unternehmen der Rewe-Gruppe hatten infolgedessen auf ihren Social-Media-Kanälen einen Werbe-Boykott für die betroffenen Medien angekündigt und ernteten dafür Applaus.
Allerdings dürfte es bei den öffentlichkeitswirksamen Ankündigungen bleiben: So waren am Freitag bereits wieder Inserate von Adeg und Billa (Rewe) sowie Spar in der von Fellner herausgegebenen Gratiszeitung „Österreich“ bzw. auf „oe24“ zu sehen.
Nachdem Bilder davon auf Twitter die Runde machten, erklärte sich Spar u.a. folgendermaßen: Man habe nach Diskussionen mit den Verantwortlicheen „Unmut“ geäußert, der jedoch „auf Verständnis gestoßen“ sei. Deshalb habe man sich dazu entschieden, ab Freitag wieder zu inserieren.