Am Allerheiligen und Allerseelen werden Teil Zwei und Drei der britisch-österreichischen Serie „Vienna Blood“ gezeigt. Und heute der erste Teil (ORF 2, 20.15 Uhr) wiederholt. Was ist für Sie die Essenz der Zeit, in der Tallis’ Krimiromane angesiedelt sind, Herr Maurer?
Juergen Maurer: Umbruch, in sämtlichen Belangen. Sozial, politisch, in der Kunst, in der Wissenschaft. Das zentrale Thema unserer Reihe ist die junge Wissenschaft der Psychologie, die damals auftauchte, und die Arbeit des Polizisten, den zu spielen ich die Freude habe. Die Jahrhundertwende ist für mich überhaupt eine der allerspannendsten Epochen der Geschichte. So profund hat sich die menschliche Gesellschaft nachher und vorher nicht mehr verändert.
Das heißt, es gäbe Ihrerseits Interesse noch ein paar weiter Liebermann-Krimis als Polizist Oskar Reinhardt zu drehen?
Juergen Maurer: Oh ja. Wir drehen gerade die Teile vier bis sechs. Von mir aus kann das gerne weitergehen. Ich habe nichts Besseres vor.
Sie drehen in diesem Herbst auch die letzte Staffel der „Vorstadtweiber“.
Die Projekte kommen sich nicht in die Quere?
Juergen Maurer: Der Schorschi Schneider ist in der letzten Staffel nicht mehr so wahnsinnig prominent vorhanden. Ich bin für die ersten fünf Teile abgedreht, das waren ein paar Drehtage, die großen Spaß gemacht haben. Der Schorschi und der Oskar kommen sich überhaupt nicht in die Quere – was allerdings lustig wäre.
Wie war die Situation am Set, als Robert Dornhelm coronabedingt ausfiel und Marvin Kren für zehn Tage einsprang?
Juergen Maurer: Hut ab, dass Marvin so ins kalte Wasser gesprungen ist. Dadurch, dass er in ein routiniertes Team gekommen ist, war es für ihn leichter. Aber er hat es souverän übernommen, zwei Wochen lang die Zügel sehr schön in der Hand geführt und sie uneitel und bescheiden dem Robert wieder in die Hand zurückgegeben. Er hat uns den Arsch gerettet, wenn man das einmal ein rustikaler formulieren möchte. Dafür werden wir ihm immer dankbar sein.
„Vienna Blood“ ist die Königsklasse: eine englischsprachige ORF-Produktion mit internationalen Kooperationspartnern. Was ändert sich für Sie nach einer erfolgreichen ersten Staffel?
Juergen Maurer: Gar nichts. Was einen Schauspieler interessiert ist ein gutes Buch – und die Bücher von Steve Thompson sind fantastisch. Man macht seine Arbeit. Das Spektakulärste für mich war, dass mich ein Kameramann aus den USA ansimste und schrieb: Ich sitze in Las Vegas vor der Glotze und du hupfst gerade durchs Bild. Oder man bekommt auf Facebook die eine oder andere Freundschaftsanfrage aus China. Da wurde mir die Internationalität dann doch kurz bewusst. Das ist wahnsinnig erfreulich und ich bin auch stolz, dass „Vienna Blood“ international Erfolg hat. Aber an der Arbeit ändert das genau gar nichts. Man macht seinen Job und macht ihn so gut, wie man irgendwie kann.
Medienjournalisten reden gerne über Reichweiten und Marktanteile. Was macht für Sie als Schauspieler Erfolg aus?
Juergen Maurer: Wenn die Arbeit gut ist, wenn die Begegnungen, die dabei passieren, Früchte bringen und schön sind, so wie mit Matthew Beard oder Robert Dornhelm. Natürlich, wenn das Ergebnis so erfolgreich ist, freut man sich natürlich einen Haxen aus. Und wenn man sich es selber dann noch anschauen und ehrlich sagen kann, das finde ich gut, dann ist das eine runde Sache.
Wie ist aktuell die Stimmung am Set, auch im Kontext der steigenden Coronazahlen?
Juergen Maurer: Wir sind nach der Infektion von Robert und eines englischen Produzenten, die uns aber zeitlich nicht sehr zurückgeworfen hat, ein infektionsfreies Set. Es sind alle wahnsinnig diszipliniert, ich bin extrem stolz auf unsere ganze Mannschaft. Wir schränken uns ein, leben wie die Mönche und Nonnen und reduzieren die sozialen Kontakte auf ein Minimum. Das tut zwar weh, aber was soll man machen. So hoffen wir, dass wir bis Mitte Dezember tatsächlich fertig werden mit diesen Filmen. Toi toi toi. Haltet uns die Daumen, dass wir durchkommen.