Die „Zeit im Bild“ erscheint ab Sonntag etwas verändert – aber so wenig, dass kein Stammgast verstört wird. Denn die Nachrichtensendung um 19:30 Uhr strukturiert schon seit 65 Jahren das Abendverhalten vieler österreichischer Haushalte, ist aber jünger als ein Großteil des Publikums. Sich mit seiner Macht der Gewohnheit anzulegen, wäre ein Eigentor des ORF. Lieber setzt der TV-Marktführer auf die bewährte öffentlich-rechtliche Strategie „Vorwärts in die Vergangenheit“ und wiederbelebt die bereits 2007 beendete Durchschaltung auf zwei Kanälen nun dauerhaft.
Der seit damals als Generaldirektor agierende AlexanderWrabetz korrigiert sich also noch selbst – und das ausgerechnet im Sinne seines prominentesten Mitarbeiters, der ihm schon oft Paroli geboten hat. „ZiB 2“-Moderator Armin Wolf sagte 2013 über die aufgehobene Durchschaltung der „ZiB 1“ zum „profil“: „Im Nachhinein glaube ich, dass es ein Fehler war. Wir wollten mit Unterhaltung auf ORF 1 Leute halten, die sonst zu RTL oder Pro 7 wandern. Es stellte sich aber heraus, dass die meisten Jungen nicht für die „ZiB“ auf ORF 2 umschalten.“
Die „Zeit im Bild“ bleibt mit durchschnittlich 54 Prozent Marktanteil unangefochten der Quoten-Flugzeugträger der Fernseh-Information. Nur die neun Fregatten der Staffel „Bundesland heute“ sind zusammen noch stärker. Das ist ähnlich wie in den USA – bis vor kurzem. Local TV war dort über Jahrzehnte die wichtigste Nachrichtenquelle. Zuletzt aber nur noch für Baby Boomer und Ältere. Bei jüngeren Generationen hat Facebook Fernsehen als Info-Hafen Nr. 1 abgelöst.
Für den digitalen Giganten ist das eine globale Strategie. Er hat angekündigt, nach dem Test in den USA Facebook News zusammen mit Verlagen demnächst auch in Deutschland anzubieten. Da wäre Österreich nicht mehr weit. Doch ausgerechnet von hier kam ein Stolperstein ins Rollen. Denn nach einem vom Österreicher MaxSchrems erreichten EU-Gerichtsurteil wurde der Konzern zum Stopp des Transfers europäischer Daten in die USA aufgefordert.
Das Unternehmen reagiert darauf mit Überlegungen seines Rückzugs aus Europa. Dies würde hier die meisten Medien eher freuen. Sie hätten zwar einen inhaltlichen Vertriebsweg, aber vor allem einen Konkurrenten auf dem Werbemarkt weniger. Das Publikum wäre weniger glücklich. Denn vier von zehn Österreichern nutzen Facebook täglich. Das ist eine Reichweite wie für ORF 2 – der Festung von „Bundesland heute“. Allein dieses Indiz zeigt, dass Facebook nur blufft. Es gibt in Europa viel zu viel zu gewinnen.
Peter Plaikner ist Politikanalyst und Medienberater mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.