Nach der extralangen Sommerpause eröffnet ein Fall aus Wien diese 50. „Tatort“-Saison. Was bedeutet Ihnen das?
HARALD KRASSNITZER: Ich bin kein großer Statistiker und diese Zahlen erzählen mir wenig. Meine Form der Auseinandersetzung ist eine andere, eine inhaltlichere. Dass wir die „Tatort“-Saison eröffnen dürfen, ist aber eine große Ehre für uns und zeigt, dass wir offensichtlich eine gute Reputation haben und dass man uns das zutraut.
Im Fall „Pumpen“ geht es um Muckibuden, die Balkan-Mafia und um Sozialbetrug in großem Stil. Ist das eigentlich ein typischer Fall für Bibi Fellner und Moritz Eisner?
Außergewöhnlich daran finde ich, dass wir zunächst in einem Milieu anfangen, das durchaus mit Vorurteilen behaftet ist, um dann bei Sozialbetrug und einer sehr persönlichen Geschichte zu landen. Das finde ich sehr gelungen und schön miteinander verwoben.
Das ist Ihr 47. Fall und in diese Saison fällt auch Ihr 50. Fall als Moritz Eisner. Was macht Ihnen denn noch Freude am „Tatort?
Dass wir immer wieder mit neuen Geschichten konfrontiert werden. Es gibt eine Menge an außergewöhnlichen Orten, an denen wir als Team mit Adele Neuhauser und Thomas Stipsits eintauchen, und an Menschen, die wir kennenlernen dürfen. Und so viele unterschiedliche Geschichten, die unterschiedlich erzählt werden.
Dem Austro-„Tatort“ wird oft nachgesagt, er dürfe in puncto Dialekt, Kritik an der Realpolitik und Milieu-Tauchgänge ein bisschen mehr als jene der Nachbarstaaten. Sehen Sie das auch so?
So weit mein Überblick reicht, würde ich das so nicht unterschreiben. Mein Eindruck ist, dass die Deutschen das auch machen, aber eben auf eine andere Art. Ich würde sagen, das ist kein Alleinstellungsmerkmal des österreichischen „Tatort“.
Seit 1999 verkörpern Sie den „Tatort“-Ermittler. Was hat diese Figur mit Ihnen gemacht – als Schauspieler und als Mensch?
Natürlich macht so etwas immer auch etwas mit einem. Es gibt Momente, wenn man ein Drehbuch liest, die einen besonders betroffen machen, vielleicht, weil dahinter eine reale Geschichte steckt.
Nächste Woche begehen Sie ein anderes Jubiläum, ein persönliches. Bedeutet Ihnen Ihr 60. Geburtstag irgendetwas?
Ich bin kein großer Geburtstagsfeierer. Ich freue mich über Glückwünsche und die Resonanz, aber ich bin selber nicht jemand, der große Feten macht. Ich bin ein Geburtstagsmuffel und ziehe mich eher zurück, weil es mir ein bisschen unangenehm ist. Es verunsichert mich und ich kann damit emotional schwer umgehen. Sie sehen, alleine die Tatsache, dass ich mich da so herumdrücke, zeigt, dass es ein schwieriges Datum für mich ist. Weniger wegen des Alters als vielmehr wegen der Aufmerksamkeit.
Verraten Sie uns doch: Was wird einfacher oder besser im Alter?
Für mich der stärkste und wichtigste Antrieb war immer die Neugier. Das ist eine Energiequelle, die mitverursacht, dass ich mich weniger um Zahlen und Statistiken gekümmert habe als vielmehr um das, was ich lernen wollte – inhaltlich. Das ist das, was mich nach wie vor antreibt. Und darüber hinaus: sich selber nicht zu wichtig zu nehmen, sondern auch woanders hinzuschauen.
Was wünschen Sie denn dem „Tatort“ für die nächsten 50 Jahre?
Das ist relativ einfach: Dass er weiterhin in dieser Buntheit und Heterogenität der Geschichten bestehen bleibt. Und zwar mit dem Mut, immer etwas Neues zu erfinden oder großartig zu scheitern. Ich hoffe, dass das noch lange anhält.