Auch der Eigenbrötler Kurt Wallander war einmal jung. Der schwedische Schöpfer der Kriminalfigur, HenningMankell (1948-2015), verortete die Jahre der Adoleszenz seiner Paradefigur in einem Band namens "Wallanders erster Fall" im Jahr 1969. Netflix hatte eigene Pläne, nahm Name und Figur und transferierte diese kurzerhand in die Gegenwart. "Der junge Wallander", so auch der Name der Serie, ist also ein Gegenwartskriminalstück. Brutal, düster und eingebettet in die tiefen Risse, die sich durch die schwedische Gesellschaft ziehen.
Kurt (Adam Pålsson) ist Polizist. Vor allem aber ist er ein Menschenfreund, der an das Gute in jedem glaubt. Seine Wohnung liegt mitten in einem Malmöer Brennpunkt, wo wohlwollende Mütter alles versuchen, um ihre Kinder von Kriminalität und Drogen fernzuhalten. Die Eskalation geschieht plötzlich: Ein hellhäutiger Jugendlicher stirbt, die Proteste gehen schnell in Gewalt über. Irgendwo dazwischen sucht Kurt Wallander nach Friede und Wahrheit, während er mehr Alltagsrassismus, Gewalt und rätselhafte Millionäre entdeckt.
Was mit einem Knalleffekt beginnt, bleibt in sechs Folgen der Charakteristik eines Mankells Romans treu, ohne sich konkret auf eines seiner Werke zu beziehen. Dafür gesorgt haben dürfte auch die Produktionsfirma Yellow Bird, die Mankell einst mitbegründete. Düstere Bilder in einer klug erzählten Dramaturgie: Mit "Der junge Wallander" hat Netflix wenig falsch gemacht