Die Verleihung des Lebenswerk-Amadeus ging schon im Vorfeld über die Bühne bzw. über den Kaffeehaustisch: Alexander van der Bellen und André Heller trafen sich im Café Hawelka, wo der Bundespräsident dem Ausnahmekünstler die goldene Lebenswerk-Trophäe überreichte. Die Highlights der Preisübergabe und ein von Alexander Van der Bellen begleitetes Heller-Porträt gibt es im Rahmen der TV-Sendung am 10. September ab 20.15 Uhr in ORF 1 zu sehen. Sie findet, wie berichtet, ohne Live-Publikum statt und wurde mit allen Übergaben des österreichischen Musikpreises voraufgezeichnet.
Gut drei Jahrzehnte waren vergangen, seit der künstlerische Tausendsassa wieder eigene Lieder hören ließ. Dafür fiel das Angebot Ende 2019 mit 16 Stücken auf "Spätes Leuchten" in mehr als einer Stunde äußerst üppig aus. Und der Inhalt entsprach dieser Form. 1968 kam die erste Platte André Hellers heraus, der bis 1983 über ein Dutzend weiterer folgen sollte. Bereits 1972 veröffentlichte Heller, der 1970-84 mit der Schauspielerin Erika Pluhar verheiratet war, mit dem Fernsehfilm "Wer war Andre Heller?" einen "Nachruf zu Lebzeiten", der bestenfalls eine erste Zwischenbilanz darstellte.
Denn nach dem Festwochen-Stück "King-Kong-King-Mayer-Mayer-Ling" begann Hellers Showkarriere erst so richtig: 1976 gründete er gemeinsam mit Bernhard Paul den "Zirkus Roncalli". Die Uraufführung dieses "poetischen Spektakels" fand in Bonn statt, nach Differenzen mit Paul zog sich Heller allerdings noch im Gründungsjahr von dem Unternehmen zurück. 1981 verwirklichte er im Rahmen der Wiener Festwochen den zweiten Teil seiner "Trilogie der möglichen Wunder" in Form des "poetischen Varietes Flic Flac", mit dem er anschließend auf Europatournee ging.
Wunder wurden es allerdings noch viel mehr. Mit dem "Theater des Feuers" brachte er 1983 in Lissabon ein Millionenpublikum auf die Beine und sich selbst an den Rand des Ruins. Es folgten "Begnadete Körper", "Luna Luna" oder "Body and Soul", "Jagmandir, das exzentrische Privattheater des Maharana von Udaipur" oder die 50 Meter hohe Skulptur "Bamboo Man" im Hafen von Hongkong. Er sammelte "Stimmen Gottes" und Feuerkunst, Zigeunerkultur und Parkanlagen. Weder die Fantasie noch die Geografie scheinen Hellers Projekten Grenzen zu setzen, stets werden alle Sinne angesprochen, wirken Poesie und Exotik, Variete- und Jahrmarkt-Stimmung zusammen, werden verborgene oder vergessene Künste und die Macht des Staunens zusammengeführt.
1995 baute er im Auftrag des Tiroler Kristallherstellers Swarovski in Wattens Wunderkammern: Die märchenhaften und im Dezember 2003 erweiterten "Kristallwelten" wurden mit bis zu 720.000 jährlichen Besuchern einer der größten kommerziellen Erfolge Hellers. Mit dem Auftrag für die Inszenierung der finalen Präsentation Deutschlands als Bewerber für die Fußballweltmeisterschaft 2006 sowie die spätere Verantwortung für das Kulturprogramm der Fußball-WM erreichte Heller endgültig ein Millionenpublikum. Die geplante große Eröffnungsshow wurde allerdings kurzfristig abgesagt.
"Eine neue Dimension" des Erfolgs erklomm Heller mit "Afrika! Afrika!": das "magische Zirkusereignis vom Kontinent des Staunens" aus 2005 wurde zum erfolgreichsten Zirkustheater Europas und mehrfach erneuert und wieder aufgenommen. Weniger glücklich verlief Hellers Pferdeshow "Magnifico", deren Produktionsfirma wegen zu hoher Produktionskosten und zu geringem Publikumsinteresse schon nach kurzer Zeit Insolvenz anmelden musste.
Mit Missgriffen lernte Heller umzugehen. Seine zum 65 erschienene und nun erweiterte Biografie "Feuerkopf" erzählt von Medikamentenabhängigkeit, von tiefen gesundheitlichen Krisen und vom immer wieder neuen Aufrappeln - oft mit einem neuen künstlerischen Medium. Denn Heller war auch als Film- ("Im toten Winkel", "Scheitern, scheitern, besser scheitern!") und Opernregisseur ("Erwartung / La Voix Humaine" mit Jessye Norman im Pariser Theatre du Chatelet) tätig und suchte oft Zuflucht im Schreiben.
Amadeus Award: 10. 9., 20.15 Uhr, ORF 1.