Die Salzburger Festspiele rangieren irgendwo zwischen Friedensprojekt, Avantgarde, Hochfest der Kunst und Event. Was bedeuten die Festspiele für Sie, Herr Teichtmeister?
FLORIAN TEICHTMEISTER: Ich zögere mit der Antwort, weil ich die Festspiele in so vielen verschiedenen Lebensphasen erlebt habe. Etwa als Kind und Jugendlicher mit meiner Familie als Zuschauer. Man projiziert ja so viel hinein. Es ist jedes Jahr ein neues Projekt, eine neue Anhäufung an Künstlerinnen und Künstlern, von Ideen und der Haltung zu Zeitströmungen. Das heißt: Wenn man die Festspiele selbst früge, was sie sind, wüssten sie es nicht. Weil sich die Festspiele selbst immer wieder neu erfinden müssen. Dazu changiert die Position, die man selbst dazu hat. Das ist der Kern der Festspiele, dass sich daran etwas ändert und dass auch gestritten wird darum.
In der morgigen ORF-Dokumentation „Das Große Welttheater“ spielen Sie Franz Swatosch, den Diener Max Reinhardts, der über seine Position sagt: „Einer sieht nichts, hört nichts und weiß alles.“ Wie war es, diese Figur zu spielen?
Der Diener ist in den meisten Fällen eine reizvolle Figur. Weil er ja unsichtbar ist, bis er gebraucht wird, und da ist, bevor man ihn ruft. Diese Form der Zurücknahme, die nicht in Minderwertigkeit endet, ist ein beeindruckender Wesenszug. Das interessiert mich, denn es führt dazu, dass der Diener entweder der Mörder ist, weil er ja vorher unsichtbar war, oder er eine randständige Figur ist. Nicht draußen, aber auch nicht im Zentrum. Das ist überhaupt eine Lebensphilosophie, die mich zunehmend interessiert.
Sie selbst haben die Festspiel-Dokumentation noch nicht gesehen. Wie geht es Ihnen, wenn Sie sich im Fernsehen sehen?
Furchtbar, traditionell furchtbar. Wobei es mir im überwiegenden Fall gelingt, den Film anzuschauen und nicht mich. Das erleichtert mich, weil ein toller Film nicht von mir und meiner Selbstkritik ablenkt, die rein fachlich ist. Woraus kann ich meine Lehren ziehen? Wo denke ich mir, dass ich es das nächste Mal lieber auf eine andere Weise versuchen würde? Das ist ja auch lehrreich.
Besuchen Sie die Festspiele?
Ich habe mich noch nicht damit beschäftigt. Wir Schauspieler ziehen uns alle sehr zurück, um dem Virus keine Möglichkeit zur Ansteckung zu geben. Ich gehe während der Dreharbeiten nicht unter Leute – das stört mich aber gar nicht, das ist sonst auch nicht so meines. Allgemein gilt: Die wahren Helden sind die Zuschauer, die jetzt ins Theater und in die Oper gehen. Wir Schauspieler können für uns spielen, das mag schön sein, aber das ist noch kein Theater. Es ist schon sehr schön, zu sehen, dass es den Menschen wichtig ist. Dass sie das tun, ist für uns ein sehr, sehr stärkendes Signal. Das macht mir Mut – den ich aber eh nie verloren habe.
Was würden Sie antworten, würden Sie gefragt, ob Sie ab 2021 Tobias Moretti als Jedermann nachfolgen möchten?
Es hat mir in den letzten Jahren in meinem Beruf sehr gutgetan, mir Antworten auf solche Fragen erst abzuverlangen, wenn sie sich stellen. Und das halte auch hier so. Sollte es dazu kommen, freue ich mich, darüber nachdenken zu dürfen.