Ein Segelboot strandet. An Bord befinden sich zwei Tote. Jugendliche steigen illegal ein und drehen ein Video. Wenig später grassiert ein tödliches Virus, und das davor beschauliche Provinzleben steht Kopf. Der ZDF-Achtteiler „Sløborn“ (am 23. und 24. Juli je vier Episoden ab 20.15 Uhr) schildert, wie eine Epidemie auf einer fiktiven Nordseeinsel ausbricht. Das Gruselige daran ist, dass Christian Alvart („Dogs of Berlin“) den Plot über die so genannte Taubengrippe lange davor konzipiert und gedreht hatte, bevor der Name Covid-19 zum Angst erregenden Begriff wurde. "Sløborn" erzähle "nicht von Corona", warnen die ZDF-Verantwortlichen, betonen aber im Pressetext die "die erschreckende, aber auch aufregende Erfahrung" wie eine Serienproduktion "auf dramatische Weise" real wurde.
Sagen wir so: Subtilität wird in dieser Thrillerserie klein geschrieben. „Sløborn“ zeigt in großspurig spektakulären Bildern (viele blutende Augen) die Entscheidungen der Einzelnen in der Ausnahmesituation: Emily Kusche verkörpert die 18-jährige Evelin, die eine Affäre mit ihrem Vertrauenslehrer pflegt und später in die Fänge der Pharmaindustrie gerät, zu der auch ihr Vater (Wotan Wilke Möhring) gehört. Adrian Grünewald ist als gemobbter Schüler und Sohn eines Polizisten zu sehen, der sich mit oder durch das Virus emanuipiert und Aaron Hilmer zum Beispiel kann als Jugendstraftäter begeistern, der mit anderen als letzte Chance in einer Kommune auf der Insel Unterschlupf findet. Die Episoden sind klasse erzählt und machen Lust auf mehr. Lieblingsfigur: Alexander Scheer mimt einen arroganten, koksabhängigen Ex-Star-Autor, der sich in seiner Schreibdepression ein bisschen Inspiration im Idyll erhofft - und durch die Taubengrippe fündig wird.
Fazit: Als Zustandsanalyse einer hysterischen und in Angst versetzten Gesellschaft ist "Sløborn" spannend anzusehen.