Bevor Sie ab 3. August bei den "Sommergesprächen" die Fragen stellen, müssen Sie noch viele beantworten. Wie viele Interviews geben Sie vor dem Start, Frau Stribl?
Simone Stribl: Elf habe ich gezählt.
Die „Sommergespräche“ bieten traditionell eine Gelegenheit über Themen abseits des politischen Alltagsgeschäfts zu führen. Wie halten Sie es mit privaten Themen?
Stribl: Das Schöne an den „Sommergesprächen“ ist, dass man Zeit hat und nachfragen kann. Sie sollen tiefgründig, aber auch lockerer sein als ein normales Studiointerview. Das ist dann die große Kunst. Da spielt die Zeit eine Rolle, aber auch ob sich die Politiker oder Politikerinnen auf ein Gespräch einlassen. Superprivate Sachen werden eher nicht thematisiert. Dafür zählt der persönliche Zugang zu diesem letzten Jahr, nicht nur Corona betreffend, sondern auch die Veränderungen innerhalb der Parteien, wo sich besonders viel getan hat.
Das Gegenstück zu den von Ihnen erwähnten guten Gesprächen ist die Phrasendrescherei. Wie geht man in diesen Situationen vor, die für Zuschauer keinen Mehrwert bieten?
Stribl: Die Politiker werden sicherlich Botschaften vorbereitet haben, aber man kommt nicht eine Stunde lang mit Phrasen durch. Da werde ich schon genau nachfragen. Aber wenn viermal die gleiche Antwort kommt, muss man vielleicht zu einem anderen Thema weitergehen. Das bringt den Zuschauerinnen und Zuschauern nichts. Ich glaube aber ohnehin nicht, dass es nur vorbereitete Botschaften gibt. Eine Stunde lang hält das kein Politiker durch.
Fußballtrainer sprechen manchmal von einem Matchplan. Wie sieht Ihre Strategie aus?
Stribl: Am wichtigsten ist für mich, dass ich mir selbst treue bleibe. Ich interviewe schon seit zwölf Jahren Politiker. Natürlich nicht vor so einem großen Publikum, das ist natürlich etwas anderes, aber ich mache meine Arbeit trotzdem immer gleich. Egal, wie viele Leute zuschauen. Mir ist wichtig, dass es verständlich ist und stelle mir immer meine Eltern, Tanten, Onkel oder Freunde vor. Die Sendung ist nicht für Politikprofis, sondern für alle gemacht. Und welche Strategie ich dann habe, kann ich natürlich nicht verraten (lacht).
Sie ließen sich 2016 in einem vielbeachteten Interview mit Richard Lugner nicht irritieren, waren in der Ibiza-Berichterstattung mittendrin oder sprangen im Vorjahr spontan in der ZiB ein, als eine Kollegin vor laufender Kamera kollabierte. Gibt es etwas, wo Sie Ihr Nerven hinschmeißen?
Stribl: Wenn es wirklich stressig ist, bleibe ich meistens ruhig. Das war immer so. Nervosität gibt es eher privat, etwa wenn ich einen Flieger zu versäumen drohe, bei der Arbeit nicht so.
Ihr Vorgänger bei den Sommergesprächen“, Tobias Pötzelsberger, hat sein Bandprojekt „The More or the Less“. Was verschafft Ihnen Ausgleich von der Innenpolitik?
Stribl: Also ich habe keine Band (lacht). Ich war nur im Schulchor, sonst kann ich hier nichts vorweisen. Im Ernst: ich bin gerne draußen, halte es drinnen eigentlich nicht aus. Laufen, lesen, Gartenarbeit, dabei finde ich Entspannung. Diesen Sommer werde ich zwar nirgendwo hinfahren, aber reisen ist für mich sonst sehr wichtig.
Sie stammen aus dem idyllischen Grünau im Almtal, sind also wie Tarek Leitner, Fritz Dittlbacher, Tobias Pötzelsberger oder Hans Bürger aus Oberösterreich. Gibt es eine Oberösterreich-Connection beim ORF?
Stribl (lacht): Ich will jetzt keine anderen Bundesländer diskriminieren, aber ja, das fällt schon auf. In der Innenpolitik ist Oberösterreich wirklich stark vertreten.
Wie bereitet man sich auf ein langes Interview, in dem es thematisch um alles gehen kann, vor?
Stribl: Ein großer Vorteil ist ja, dass ich bei vielen Situationen in den vergangenen Jahren live dabei war. Ob Rücktritte oder Krisen, ich war dabei. Dadurch habe ich eine breite Wissensbasis. Aber natürlich lese ich sehr viel, schaue mir viel an, wie sich die Politiker in den vergangenen Jahren in Interviews verhalten haben. Und zum Thematischen: Ich denke mir, man kann nicht nie alles wissen. Aber sehr viel.
Es gibt Journalisten, die Interviews als Fragebaum mit Wenn-Dann-Situationen vorplanen: Wenn er das antwortet, frage ich das. Gehen Sie auch so vor?
Stribl: Es ist Teil der Arbeit, sich zu überlegen, was der Interviewpartner auf eine Frage antworten könnte. Ich habe in den letzten Jahren vor den „Sommergesprächen“ in den Proben immer wieder die Rolle der Gesprächspartner für Kollegen übernommen. Da war ich Beate Meinl-Reisinger oder Maria Stern. Und viele Antworten, kamen dann auch so auf Sendung. Grundsätzlich gilt: Fragen, bei denen ich schon weiß, was als Antwort kommen wird, stelle ich dann nicht.
Wenn man, wie Sie, in der Öffentlichkeit steht, besteht die Gefahr bei Fehlern Häme zu kassieren. Insbesondere vom digitalen Mob. Wie geht es Ihnen damit?
Stribl: Man kann es nicht allen recht machen. Man kann nie allen gefallen. Persönlich war ich noch nie in einem Shitstorm, habe auch keine Angst davor. Man muss sich auch immer anschauen, von welcher Seite die Kritik kommt, denn jeder hat im Internet seine Botschaft oder Agenda.
Werden Sie vor den „Sommergesprächen“ unterschiedlich aufgeregt sein?
Stribl: Die größte Anspannung wird es vor dem ersten Gespräch geben, weil es definiert, wie die anderen Gespräche werden. Aber es gibt keine spezielle Aufregung wegen einer bestimmten Person.
Sommergespräche am Weingut. War das Ihr Wunsch?
Stribl: Mein Wunsch war jedenfalls, dass es draußen ist. Weil es in dieser Zeit draußen ein bisschen sicherer als drinnen ist. Dazu bin ich gerne im Grünen, war ein paar Mal dort und es wirklich sehr schön dort. Es sind heuer wirklich besondere Sommergespräche an einem sehr schönen Ort.