Sacramento ist sehr weit entfernt von Österreich. Die kalifornische Hauptstadt ist die Heimat einer Gruppe von drei Wochenzeitungen, die von der „News & Review“ vertrieben werden. Deren Herausgeber Jeff vonKaenel musste vor einigen Tagen schweren Herzens die unmittelbare Einstellung seiner drei Publikationen und die Entlassung der Belegschaft verkünden.
„Im Laufe der Jahre haben wir viele Krisen erlebt“, schreibt vonKaenel und erklärt, was die aktuelle Krise von jenen in der Vergangenheit unterscheidet. Früher sei man durch finanziell schwierige Zeiten gekommen, weil man zuvor gute Zeiten erlebt hatte. Heute geht es vielen Medienhäusern wie „News & Review“: Die Branche ist fragil geworden, und schon der Normalbetrieb gestaltete sich für einige Zeitungen als ein finanziell prekärer Notbetrieb.
Jede fünfte US-Zeitung stellte in den letzten 15 Jahren ihren Betrieb ein, die Zahl der Mitarbeiter halbierte sich – Stand 2019. Die digitale Transformation und die neue Hegemonie von GoogleundFacebook bedingten das mit. Letztere müssen zwar ebenfalls mit massiven Umsatzeinbrüchen rechnen, können diese jedoch ungleich besser kompensieren: Die Investmentbank Cowen & Company errechnete in Bezug auf die Tech-Giganten einen coronabedingten Werberückgang um bis zu 44 Milliarden Dollar.
Anders als bei Facebook stellt die aktuelle Krise jedoch das Geschäftsmodell vieler Magazine und Zeitungen grundlegend infrage. Insbesondere werbe(mit)finanzierte, häufig lokal bedeutende Druckwerke und Nachrichtenportale leiden unter dem abrupten Verlust: Im Falle des „News & Review“ waren es plötzlich 50 Prozent der Produktionskosten, denen mit einem Schlag die Deckung fehlte. Gerade Wochenmagazine erleben weltweit eine der düstersten Wochen: Dutzendfach werden sie geschlossen, stillgelegt oder personell radikal ausgedünnt. Wöchentlich werden weitere folgen.
Tageszeitungen stellen sich auf Kurzarbeit ein
In Österreich hat bis heute noch kein Herausgeber das Handtuch geworfen. In der Branche zeigt sich die Nervosität vorerst in kleinen Gesten, wie in Bittgesuchen, die sich auf Webseiten zahlreicher Portale oder Nachrichtenseiten finden. Schon Mitte März bestätigte Herausgeber Wolfgang Fellner dem „Standard“ die Kurzarbeit in seinen großteils inseratenfinanzierten „oe24“-Medien. Doch auch der „Standard“ selbst wird auf das Angebot der Kurzarbeit zurückgreifen, um das schlagartig eingebrochene Inseratengeschäft zu kompensieren. Weitere Tageszeitungen dürften diesem Beispiel in den kommenden Wochen folgen.
Die auf die Gesundheitskrise folgende Wirtschaftskrise hat für Herausgeber eine bittere Pointe: Während die Nachfrage nach verlässlichen Informationen ein Rekordhoch erreicht, rüttelt der trudelnde Werbemarkt an der ökonomischen Daseinsberechtigung. Finanzielle Hilfe kommt ausgerechnet vom Hauptkonkurrenten: „In einer Zeit, in der Journalismus mehr denn je benötigt wird“, träfen die wirtschaftlichen Folgewirkungen des Virus lokale Zeitungen besonders hart, erklärte Facebook am Montag und kündigte an, die globale Nachrichtenindustrie mit zusätzlichen 100 Millionen Dollar unterstützen zu wollen.