Tatort Reeperbahn. Ein Sehnsuchtsort, einst mit Abenteuer, Freiheit und Sex gleichgesetzt. Ein Kiez, der heute mehr an Ballermann-Tourismus erinnert – inklusive Flatrates für alle möglichen Bedürfnisse rund um die Uhr. Regisseurin Mia Spengler und Autor Georg Lippert begaben sich im „Tatort: Die goldene Zeit“ auf die Suche nach der verlorenen Zeit – einfühlsam, aber nie nostalgievernebelt.


Im letzten Familienbetrieb der Rotlichtmeile passiert ein Mord: Der Sohn des einstigen Kiez-Königs wird vor der Haustür erstochen. Problemlösung erledigt. Längst haben die albanischen Clans die Reeperbahn unter Kontrolle.

Der loyale Aufräumer Lübke (famos: der Österreicher Michael Thomas, unvergessen in Ulrich Seidls "Hundstage") personifiziert die goldene Kiez-Ära, die so vielleicht nie existiert hat. Ex-Punk Falke (Wotan Wilke Möhring), der in der Gegend wohnt, kennt ihn natürlich von früher. Die Ermittlungen mit Julia Grosz (Franziska Weisz) gehen ihm so nah, dass er einen Kurzen in seine Milch kippt. Wie beide durch die atmosphärisch dichten Scherben der Sehnsuchtszone schreiten, ist unter diesen Umständen sehr prätentiös.

Eine Schicksalsgemeinschaft am Kiez: Michael Thomas (rechts)
Eine Schicksalsgemeinschaft am Kiez: Michael Thomas (rechts) © ORF


Geruchs-TV ist zwar noch nicht erfunden. In diesem Fall riecht und schmeckt man den Kiez in jeder Minute. Die Duftnote ist nicht bekömmlich, der Fall trotz mancher Sentimentalitäten am Ende aber umso mehr.